Entscheidungsstichwort (Thema)

Grenzen der Ermittlungspflicht des Gerichts

 

Orientierungssatz

1. Nach § 116 S. 2, 118 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 397, 402, 411 Abs. 4 ZPO steht dem Verfahrensbeteiligten das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet. Dabei müssen sich die Fragen im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sein.

2. Liegen zur Beantwortung der Beweisfragen des Gerichts mehrere Gutachten vor und hält das Gericht eines davon für überzeugend, so darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen. Für eine weitere Beweiserhebung ist in einem solchen Fall kein Raum (BSG Beschluss vom 16. 2. 2012, B 9 V 17/11 R).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.10.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50.

Bei dem am 00.00.1967 geborenen Kläger wurde durch Bescheid vom 18.02.2009 wegen einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule ein GdB von 20 festgestellt. Am 19.03.2015 stellte der Kläger einen Änderungsantrag zur Feststellung eines höheren GdB. Nach Auswertung der beigezogenen Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers stellte der Beklagte mit Bescheid vom 23.06.2015 unter Berücksichtigung einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule und einer Funktionsstörung einer oberen Gliedmaße einen Gesamt-GdB von 30 fest.

Der Kläger legte am 23.07.2015 Widerspruch ein mit der Begründung, dass seine Funktionseinschränkungen an der rechten Hand nicht ausreichend bewertet worden seien. Die Mobilität der Hand sei stark eingeschränkt. Es bestehe ein Kraftverlust, er könne weder richtig greifen noch die Hand ballen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beeinträchtigungen seien mit einem GdB von 30 richtig bewertet.

Der Kläger hat am 23.02.2016 vor dem Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die bei ihm vorhandenen Behinderungen seien nicht angemessen berücksichtigt worden. Der Kläger hat ein Teilanerkenntnis der Beklagten vom 21.11.2016 über die Feststellung eines GdB von 40 ab dem 19.03.2015 angenommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 23.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2016 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21.11.2016 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm ab dem 19.03.2015 einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 festzustellen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat sich durch das Ergebnis der vom SG eingeholten Gutachten in seiner Bewertung bestätigt gesehen.

Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers beigezogen, unter anderem den Bericht über eine kardiologische Rehabilitation im Februar 2016 im ambulanten Rehabilitationszentrum T Reha GmbH in I.

Sodann hat das SG von Amts wegen weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. C und eines kardiologischen Zusatzgutachtens von Dr. L. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ferner ein orthopädisches Gutachten von Dr. O und ein kardiologisches Zusatzgutachten von Dr. B eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gutachten (Bl. 130 ff., 149 ff., 203 ff. und 218 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 26.10.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40. Die übereinstimmenden Bewertungen der gehörten Sachverständigen sowohl hinsichtlich Einzel-GdB als auch des Gesamt-GdB von 40 seien zutreffend. Auf orthopädischem Fachgebiet habe Dr. C bei dem Kläger eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule nach mehrsegmentalen, operativen Eingriffen, mit mehrsegmentaler Entwicklung von Narbengewebe, mit mehrsegmentaler Einengung des Spinalkanals wie auch von Nervenaustrittslöchern, mit rückfälliger Claudicatio-Symptomatik, auch statisch-myalgisch bedingt bei muskulärer Schwäche, bei Übergewichtigkeit festgestellt sowie eine schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Handgelenkes nach mehrfach vorausgegangenen operativen Eingriffen. Auch der orthopädische Gutachter Dr. O habe eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule (Cephalgien, Lumbalgien; Zustand nach zweifacher OP der LWS) und eine Claudicatio-Symptomatik beschrieben. Beide Gutachter hätten diese Funktionseinschränkung mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet. Dies entspreche den Maßstäben der versorgungsmedizinischen Grundsätze. Den festgestellten Funktionseinschränkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt mit schweren funktionellen Auswirkungen sei nach Ziffer 18.9 der versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 30 zuzuordnen. Eine endgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkun...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge