Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei Entscheidungserheblichkeit einer schwierigen Rechtsfrage - Übernahme von Umzugskosten durch den Grundsicherungsträger
Orientierungssatz
1. Nach §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 114 ZPO ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2. Ein Rechtschutzbegehren hat u. a. dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen Rechtsfrage abhängt.
3. Der Grundsicherungsträger kann die Übernahme von Umzugskosten nach § 22 Abs. 6 S. 1 SGB 2 zwar von der vorherigen Vorlage von mindestens zwei Kostenvoranschlägen abhängig machen. Auf die gebundene Norm des § 28 Abs. 5 SGB 2 ist die auf § 22 Abs. 6 S. 1 SGB 2 bezogene Rechtsprechung aber nicht ohne Weiteres übertragbar. Ob der Angebotsvergleich durch den Hilfebedürftigen selbst oder vom Grundsicherungsträger vorzunehmen ist, ist § 28 Abs. 5 SGB 2 nicht zu entnehmen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 01.09.2020 geändert. Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt N, T, beigeordnet.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein gegen einen Versagungsbescheid gerichtetes Klageverfahren.
Der 2008 geborene Kläger bezieht gemeinsam mit seinen Eltern und zwei Geschwistern beim Beklagten Leistungen. Er besuchte Anfang 2019 die Gemeinschaftsgrundschule X-Schule U. Am 11.03.2019 beantragte die Mutter des Klägers, Frau M C, für den Kläger Leistungen für Bildung und Teilhabe zur Finanzierung einer außerschulischen Lernförderung in den Fächern Deutsch und Mathematik. Die Lernförderung solle von der T1 GmbH in U durchgeführt werden. Er fügte eine Bescheinigung der Schule, wonach er außerschulische Förderung in den genannten Fächern benötige, und einen am 19.02.2019 zwischen seiner Mutter und der T1 GmbH geschlossenen Vertrag bei. Hiernach erbringt die T1 GmbH Nachhilfe in den Fächern Deutsch und Mathematik in Gestalt von zwei wöchentlichen Unterrichtseinheiten von jeweils 90 Minuten. Die Mindestlaufzeit des Vertrages beläuft sich ab dem Vertragsbeginn zum 01.03.2019 auf zwölf Monate, der monatlich zu entrichtende Betrag beträgt 144,90 EUR. Mit Schreiben vom 19.03.2019 forderte der Beklagte Frau M C als gesetzliche Vertreterin des Klägers auf, bis zum 05.04.2019 die Kostenvoranschläge von drei Nachhilfeinstituten vorzulegen. Nach Eingang der Kostenvoranschläge könne eine Kostenzusage für den günstigsten Anbieter erfolgen. Würden die Kostenvoranschläge nicht eingereicht, könne die Geldleistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz versagt werden. Am 04.04.2019 reichte der Kläger beim Beklagten eine Rechnung für im März 2019 in Anspruch genommene Nachhilfestunden iHv 144,90 EUR ein.
Mit Bescheid vom 11.04.2019, adressiert an Frau M C als gesetzliche Vertreterin des Klägers, versagte der Beklagte die für die Lernförderung beantragten Leistungen ab dem 01.03.2019 ganz. Die Versagung beruhe auf § 66 Abs. 1 SGB I, der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten iSv § 60 Abs. 1 SGB I nicht nachgekommen. Es seien keine Ermessensgesichtspunkte erkennbar, die zugunsten des Klägers zu berücksichtigen seien. Nach Abwägung mit dem gesetzlichen Zweck zur Ausübung des Ermessens und dem öffentlichen Interesse würden die Leistungen versagt. Am 30.04.2019 erhob der Kläger durch seine Mutter Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.04.2019, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2019 zurückwies. Der Widerspruchsbescheid weist den maschinellen Zusatz "abgesandt am 22.10.2019" aus, dieser ist aber nicht unterzeichnet.
Am 28.11.2019 haben zunächst der Kläger und seine Mutter M C gemeinsam Klage gegen den Bescheid vom 11.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2019 erhoben und beantragt, diesen aufzuheben und den Beklagten zur Zahlung von Leistungen zur Bildung und Teilhabe zu verurteilen. Weiter haben sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Die in Anspruch genommene Nachhilfe sei geeignet, erforderlich und angemessen, um die wesentlichen Lernziele des Klägers zu erreichen. Es ergebe sich aus § 28 Abs. 5 SGB II indes nicht, dass der Beklagte vom Kläger drei Kostenvoranschläge verlangen könne. Der Beklagte hat ausgeführt, Leistungen zur Bildung und Teilhabe seien grundsätzlich vor Inanspruchnahme der jeweiligen Leistungen zu beantragen. Der Vertrag mit der T1 GmbH in U sei aber am 14.02.2019 und damit vor dem Antrag beim Beklagten am 11.03.2019 abgeschlossen worden. Da die Schule die Notwendigkeit der Lernförderung in den Fächern Deutsch und Mathematik nur für jeweils 15 Stunden bescheinigt habe, die nunmehr vorgesehene Nachhilfe aber drei Wochenstunden und eine Mindestlaufzeit von einem Jahr umfasse, sei auch ihre Erforderlichkeit nicht zu bejahen. Da dem Leistungsträger im Rahmen des Begri...