Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Leistungen der Grundsicherung bzw. Sozialhilfe für Ausländer
Orientierungssatz
1. Vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB 2 werden Ausländer erfasst, die kein Aufenthaltsrecht haben. Hält sich der Antragsteller selbst für nicht erwerbsfähig und steht er infolgedessen der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, ist er aus keinem anderen Gesichtspunkt als demjenigen der Arbeitsuche freizügigkeitsberechtigt und verfügt er nicht über ausreichende Existenzmittel und war er in der BRD weder als Arbeitnehmer noch als Selbständiger mehr als ein Jahr tätig, so ist er vom Bezug von Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossen.
2. Ausländer und deren Familienangehörige erhalten keine Leistungen nach § 23 Abs. 3 S. 1 SGB 12 und nach dem 4. Kapitel des SGB 12, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt.
3. Regelmäßige Folge der gesetzlichen Regelung ist, dass nicht erwerbsfähige Unionsbürger, die kein anderweitiges Einkommen und kein Vermögen haben, ohne jegliche Sozialleistungen, also ohne existenzsichernde Mittel verbleiben. Dem betroffenen Personenkreis bleibt in der Regel lediglich die Rückkehr in ihr Heimatland, um auf die dortigen Sicherheitssysteme zurückzugreifen.
4. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Eine grenzenlose Fassung des Personenkreises, der unter dem Schutz des Grundrechts auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums steht, ist nicht geboten.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 01.03.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Dem Antragsteller wird zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt B, C, zu seiner Vertretung beigeordnet.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der am 00.00.1972 geborene Antragsteller ist polnischer Staatsangehöriger. Er lebt seit Januar 2013 in Deutschland. Von September 2014 bis April 2015 hatte er im Bereich Akustik- und Trockenbau ein Gewerbe angemeldet.
Am 18.04.2016 beantragte er beim Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II. Dabei gab er an, er habe das Gewerbe aufgeben müssen. Er habe keine Aufträge und kein Geld bekommen. Seitdem er das Gewerbe abgemeldet habe, sei er nicht mehr berufstätig. Er lebe bei einem guten Freund unter der Adresse S-Straße 00 in C.
Mit Bescheid vom 28.04.2016 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes mit der Begründung ab, dass er ein Aufenthaltsrecht in Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitsuche habe. Die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II. Auf den am 09.05.2016 eingelegten Widerspruch ergänzte der Antragsgegner die Begründung mit Schreiben vom 07.06.2016 dahingehend, dass der Antragsteller laut den beim Antragsgegner vorliegenden Unterlagen am 15.01.2013 eingereist sei und im Zeitraum von September 2014 bis April 2015 selbstständig tätig gewesen sei. Es handele sich dabei um acht Monate. Das Recht auf Freizügigkeit unter Weiterführung des Arbeitnehmerstatus bleibe nur während der Dauer von sechs Monaten nach Beendigung einer weniger als ein Jahr andauernden Beschäftigung erhalten.
Am 10.06.2016 wandte der Antragsteller sich mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an das Sozialgericht Dortmund (SG). Mit Beschluss vom 11.07.2016 verpflichtete das SG die in diesem Verfahren beigeladene Stadt C zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII i.H.v. 404 EUR monatlich. Auf die daraufhin eingelegte Beschwerde der Beigeladenen änderte das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen diesen Beschluss mit Beschluss vom 06.09.2016 dahingehend ab, dass der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet werde, Leistungen i.H.v. 404 EUR monatlich vom 16.06.2016 bis zum 31.12.2016, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu zahlen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2016 wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 28.04.2016 zurück. Dagegen richtet sich die am 13.10.2016 unter dem Aktenzeichen S 32 AS 4878/16 beim SG erhobene Klage, die weiterhin dort anhängig ist.
Mit einem an den Antragsgegner gerichteten Schreiben vom 28.12.2016 beantragte der Antragsteller, ihm auch ab Januar 2017 weiterhin Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen.
Am 29.12.2016 hat der Antragsteller erneut einstweiligen Rechtsschutz beim SG beantragt mit dem Ziel, Leistungen für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 30.06.2017 zu erhalten. Er befinde sich in ärztlicher Behandlung, wobei der Verdacht auf einen Tumor in der linken Brust bestehe. Er sei mittellos und auf die Leistungen angewiesen. Der Antragsteller hat seinem Antrag ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin N vom 12.12.2016 beigelegt, das eine spastische Bronchitis und ...