Entscheidungsstichwort (Thema)
Voreilige Ablehnung von PKH nach Fristsetzung
Orientierungssatz
Hat das Gericht im PKH-Verfahren eine Frist zur Glaubhaftmachung von Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse gesetzt und hat der Antragsteller innerhalb der laufenden Frist einen Antrag auf Verlängerung dieser Frist gestellt, so darf das Gericht nach Fristablauf die PKH nicht nach § 73a SGG iVm § 118 Abs 2 S 4 ZPO versagen, bevor es nicht über den Antrag auf Fristverlängerung entschieden hat; der Verstoß kann zur Zurückverweisung nach § 159 Abs 1 SGG führen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 07.01.2008 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten an das Sozialgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin, der das Sozialgericht (SG) Dortmund mit Beschluss vom 28.01.2008 nicht abgeholfen hat, ist zulässig und begründet.
1. Das SG hat die Ablehnung der Prozesskostenhilfe auf die fehlende Mitwirkung der Klägerin im Prozesskostenhilfeverfahren gestützt. Gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab, soweit der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht hat oder bestimmt Fragen nicht oder ungenügend beantwortet hat.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Regelung des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO hat nach ihrer Entstehungsgeschichte "nicht notwendig zur Folge, dass die Prozesskostenhilfe abgelehnt wird. Die nachteiligen Folgen sollen sich vielmehr nach der Art und Bedeutung der unterlassenen Mitwirkung bei der richterlichen Prüfung bemessen" (BT-Drucksache 10/6400, S. 48). Zwar soll diese Regelung die Prüfung, ob in welcher Höhe Prozesskostenhilfe zu bewilligen bzw. Ratenzahlung anzuordnen ist, straffen (BT-Drucksache 10/6400, S. 47). Bei seiner Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin hatte das SG jedoch zu berücksichtigen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 03.01.2008 - eingegangen beim SG am selben Tage - um Fristverlängerung von zwei Wochen gebeten hatte, da die Klägerin sich noch nicht bei dem Prozessbevollmächtigten gemeldet habe. Dieser Schriftsatz ist versehentlich nicht zum PKH-Heft sondern zur Gerichtsakte genommen worden. Dies kann der Klägerin jedoch nicht zum Nachteil reichen. Denn mit Verfügung der Kammervorsitzenden vom 05.12.2007, eingegangen bei dem Prozessbevollmächtigen der Klägerin am 07.12.2007, hat die Kammervorsitzende unter Berufung auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO eine Frist von vier Wochen gesetzt, um die monatliche Kaltmiete, die monatlichen Stromkosten und die übrigen Mietnebenkosten der Höhe nach anzugeben. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat sodann innerhalb dieser vier Wochenfrist mit dem bereits erwähnten Schriftsatz vom 03.01.2008 um Fristverlängerung gebeten. Über diesen Antrag hatte das SG vor der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch zu befinden.
2. Der Senat hatte nicht zu entscheiden, ob die erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Erklärungen der Klägerin zur ihren wirtschaftlichen Verhältnissen berücksichtigt werden durften, oder ob dem die Regelung des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO insbesondere nach ihrem Sinn und Zweck entgegensteht (so Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 04.08.2005, 4 Ta 434/05, Juris). Nicht zu entscheiden hatte der Senat ferner, ob im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statthaft ist (insoweit ablehnend Landessozialgericht Sachsen, Beschluss vom 25.03.2008, L 1 B 579/07 AL-PKH, Juris). Da die Regelung des § 118 ZPO "keine endgültige Sanktion verhängen" will, werden "ablehnende Entscheidungen ( ...) nicht rechtskräftig; Mängel können also durch einen Neuantrag behoben werden" (so BT-Drucksache 10/6400, S. 48). Prozesskostenhilfe versagende Beschlüsse sind im Übrigen der materiellen Rechtskraft nicht fähig (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.03.2004, IV ZB 43/ 03, NJW 2004, S. 1805 m.w.N.)
3. Der Senat hat die Sache entsprechend § 159 Abs. 1 SGG an das SG unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zurückverwiesen. Da das SG über die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung (§ 114 ZPO) nicht entschieden hat, wollte der Senat dem nicht vorgreifen.
4. Eine Kostenentscheidung unterbleibt, da die Sache an das SG zurückverwiesen wurde.
5. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Fundstellen