Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfall der Terminsgebühr außerhalb einer mündlichen Verhandlung

 

Orientierungssatz

1. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 S. 1 VV RVG i. V. m. Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG fällt auch dann an, wenn eine auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung zwischen den Beteiligten stattgefunden hat. Ein hierzu geführtes telefonisches Gespräch genügt dann nicht, wenn erkennbar auf Seiten eines Beteiligten keine Bereitschaft zu einer Erledigung des Verfahrens bestanden hat.

2. Die Terminsgebühr nach Nr. 3106 S. 1 VV RVG i. V. m. Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG wird nicht schon durch ein allgemeines Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung ausgelöst. Erforderlich ist insoweit, dass es sich um eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung handelt. Verweigert der Gegner von vorneherein ein sachbezogenes Gespräch oder eine gütliche Einigung, so kommt eine Besprechung bereits im Ansatz nicht zustande, vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. November 2006 - II ZB 9/06 und vom 27. Februar 2007 - XI ZB 38/05.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 23.09.2011 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung streitig.

Mit Bescheiden vom 26.02.2009 bewilligte der Rechtsvorgänger des Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter) dem Kläger Leistungen für September 2008 und Oktober 2008 sowie für Januar 2009. Gegen diese Bescheide legte der Kläger, vertreten durch den Beschwerdeführer, Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2009 als unbegründet zurückwies.

Hiergegen erhob der Kläger, vertreten durch den Beschwerdeführer, Klage.

Durch Beschluss vom 18.01.2011 bewilligte das Sozialgericht Dortmund dem Kläger für die Zeit ab dem 06.07.2009 Prozesskostenhilfe und ordnete ihm den Beschwerdeführer bei.

Am 13.05.2011 telefonierte der Beschwerdeführer mit einer Mitarbeiterin des Beklagten, die über dieses Telefonat einen Vermerk aufnahm.

Mit Schriftsatz vom 25.05.2011 teilte der Beschwerdeführer dem Sozialgericht mit, man habe die Angelegenheit mit einem Mitarbeiter der Beklagten zum Zwecke einer vergleichsweisen Erledigung am 13.05.2011 telefonisch erörtert. Der Beklagte habe sich - auch nach längeren Diskussionen - nicht bereit erklärt, Nachzahlungen vorzunehmen. Das Verfahren solle aber, vor dem Hintergrund, dass es sich um lange zurückliegende Zeiträume handele, der Kläger inzwischen Student sei und die Angelegenheit im Hinblick auf die zahlreichen vorgenommenen Berechnungen äußerst kompliziert sei, nicht fortgeführt werden, weswegen die Rücknahme der Klage erklärt werde.

Am 27.05.2011 hat der Beschwerdeführer beantragt, seine Vergütung aus der Staatskasse auf 464,10 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR

Auslagenpauschale gemäß Nr. 7200 VV RVG 20,00 EUR

19% Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 74,10 EUR

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts hat die Vergütung am 16.06.2011 auf 226,10 EUR festgesetzt. Die Terminsgebühr sei nicht erstattungsfähig, weil ein Termin nicht stattgefunden habe. Auch die Voraussetzungen nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG lägen nicht vor. Diese Gebühr entstehe nicht, wenn sich die Parteien außergerichtlich besprechen. Die anwaltlichen Bemühungen, den Rechtsstreit zu einem positiven Ende zu führen, seien Teil des Prozessauftrages und mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Die Mehrwertsteuer ermäßige sich entsprechend.

Gegen die Nichtberücksichtigung der Terminsgebühr legte der Beschwerdeführer Erinnerung ein. Gemäß Vorbemerkung 3 zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses RVG entstehe die Terminsgebühr auch dann, wenn Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts stattfänden, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet seien. Dies gelte auch für Nr. 3106 VV RVG.

Durch Beschluss vom 23.09.2011 hat das Sozialgericht Dortmund die Erinnerung zurückgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 30.09.2011 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 27.10.2011 Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Beschwerdeführer verfolgt sein Begehren weiter. Er vertritt die Auffassung, es komme lediglich darauf an, dass telefonisch versucht worden sei, eine Einigung im Rechtsstreit herbeizuführen. Dies löse das Entstehen der Terminsgebühr aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und nicht durch den Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 Hs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), auch wenn der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. § 33 Abs. 8 Satz 1 Hs. 2 RVG, wonach auch ...

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