Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisung auf Selbsthilfe nach Erstberatung bei beantragter Prozesskostenhilfe
Orientierungssatz
1. Die Anrechnung des Elterngeldes als Einkommen nach § 11 SGB 2 auf Leistungen der Grundsicherung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist nach § 73 a SGG i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich, wenn die Sach- und Rechtslage schwierig ist oder ein Beteiligter nicht in der Lage ist, seine Rechte angemessen wahrzunehmen. Es besteht aber kein Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Klärung der betreffenden Rechtsfrage in mehr als einem Verfahren,
3. Die Verweisung auf Selbsthilfe stellt dann keine unverhältnismäßige Einschränkung der Rechtswahrnehmung dar, wenn ein kostenbewusster Bemittelter das aufgrund der Erstberatung vorhandene Wissen selbständig auf die späteren Fälle übertragen würde vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 1 BvR 3151/10.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 19.10.2011 geändert. Der Klägerin wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T, J, beigeordnet.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe.
Die Klägerin steht im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchendes - (SGB II).
Mit Bescheid vom 22.11.2010 bewilligte die Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter) der Klägerin - sowie den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen - für die Zeit vom 01.12.2010 bis 31.05.2011 Leistungen nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 15.12.2010 legten die Klägerin und die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.11.2010 ein. Hierbei wandten sie sich gegen die Berücksichtigung von Elterngeld in Höhe von 300,00 EUR im Monat als Einkommen. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2011 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Am 21.02.2011 hat die Klägerin Klage erhoben und unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid vom 21.01.2011 beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Elterngeld zu zahlen.
Nach Erhebung der Klage hat der Beklagte am 14.03.2011, 25.03.2011 und 26.03.2011 Änderungsbescheide betreffend den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.05.2011 erlassen.
Am 23.05.2011 hat sich Rechtsanwalt T für die Klägerin bestellt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung beantragt. Zur Begründung der Klage hat er ausgeführt, die Höhe der Regelbedarfe seit dem 01.01.2011 sei verfassungswidrig zu niedrig bemessen.
Mit Beschluss vom 19.10.2011, der Klägerin zugestellt am 21.10.2011, hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt T, J, abgelehnt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.10.2011 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist sie erneut darauf, dass die Höhe der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.01.2011 aus verfassungsrechtlichen Gründen zu niedrig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte, die sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Klägerin ist Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T zu gewähren.
Prozesskostenhilfe steht der Klägerin nach § 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) zu, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach summarischer Prüfung hinreichende Erfolgsaussicht aufweist.
Hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt, wobei diese angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann (Bundesverfassungsgericht - BVerfG - Nichtannahmebeschluss vom 19.07.2010 - 1 BvR 1873/09 = NJW 2010, 3083 ff.= juris Rn. 11; Beschluss vom 19.02.2008 - 1BvR 1807/07 = NJW 2008, 1060 ff. = juris Rn. 23 m.w.N). Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, den Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten. Das Hauptsacheverfahren eröffnet nämlich den Parteien bessere Möglichkeiten der Entwicklung und Darstellung ihrer Rechtsstandpunkte. Die vertiefte Erörterung im Hauptsacheverfahren bietet dabei auch dem entscheidenden Gericht nicht selten die Möglichkeit seine eigene - im Prozesskostenhilfeverfahren aufgrund summarischer Prüfung - gebildete Rechtsauffassung zu überdenken.
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im vorliegenden Fall hat der Beklagte die Höhe der der Klägerin zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Beachtung der gesetzlichen Vorg...