Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen nicht erschienenen und nicht ausreichend vertretenen Prozessbeteiligten

 

Orientierungssatz

1. Ein Ordnungsgeld gegen einen ordnungsgemäß geladenen, aber nicht erschienenen Kläger kann nach § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO nicht festgesetzt werden, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Sachverhalts in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen ermächtigt ist.

2. Die Ermächtigung setzt mithin voraus, dass der Vertreter befugt ist, Erledigungserklärungen oder Anerkenntnisse abzugeben bzw. einen unbedingten Prozessvergleich abzuschließen. Ist der Bevollmächtigte angewiesen, keine verfahrensbeendenden Erklärungen abzugeben und den Rechtsstreit entscheiden zu lassen, so hat dies zur Folge, dass gegen den nicht erschienenen Beteiligten ein Ordnungsgeld verhängt werden kann, wenn das Gericht nunmehr entscheiden muss.

3. Die Höhe des Ordnungsgeldes bemisst sich nach dem persönlichen Verschulden und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Bei einer maximalen Höhe des Ordnungsgeldrahmens von 1.000.- €. ist die Verhängung eines Ordnungsgeldes von 700,- €. gegen einen nicht erschienenen Vertragsarzt als Kläger angemessen.

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, den Ordnungsgeldbeschluss vom 28.01.2009 aufzuheben, wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

In der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2009 hat der Senat gegen den ordnungsgemäß geladenen und im Termin nicht erschienenen Kläger ein Ordnungsgeld in Höhe von 700,00 EUR festgesetzt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18.02.2009 einen Antrag nach § 381 Abs. 1 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) gestellt. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, er habe am Gerichtstermin wegen stressbedingter Herzbeschwerden und -rhytmusstörungen nicht teilnehmen können; diese seien erst im Laufe des Vormittags aufgetreten, daher sei eine vorherige Verständigung des Gerichts bzw. seines Bevollmächtigten nicht möglich gewesen. Dem Antrag beigefügt hat der Kläger ein Attest der Gemeinschaftpraxis F vom 03.02.2009. Darin heißt es:

"Herr Dr. C konnte den Gerichtstermin am 28.1.2009 wegen stressbedingter Herzbeschwerden und Herzrhythmusstörungen nicht wahrnehmen"

Zur Klärung der Frage, inwieweit diese Vorbringen zutrifft, hat der Senat die Beigeladene zu 7) mit Verfügung vom 22.04.2009 um Mitteilung gebeten, ob und ggf. in welchem Umfang der Kläger am Terminstag Patienten behandelt und über die Beigeladene zu 7) abgerechnet hat. Die Beigeladene zu 7) hat unter dem 25.05.2009 eine Liste der am 28.01.2009 durch den Kläger behandelten Patienten übersandt. Diese Liste weist aus, dass der Kläger am Terminstag allein 78 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Patienten behandelt und abgerechnet hat. Hierzu hat der Kläger vorgetragen, eine Rechtsgrundlage für diese Auskunft sei nicht ersichtlich. Er habe nicht behauptet, am Terminstag nicht in der Praxis gewesen zu sein, vielmehr habe er dort bis zur Mittagszeit Patienten versorgt, aufgrund der zunehmenden kardialen Probleme dann jedoch versucht, zunächst seinen behandelnden Arzt Dr. F telefonisch zu erreichen. Das sei nicht gelungen. Nach telefonischer Rücksprache mit einer ihm bekannten Internisten habe er dann entsprechende Medikamente eingenommen und zunächst noch abgewartet. Die Beschwerden hätten sich jedoch nicht gebessert. Er habe dann noch erfolglos versucht, seinen Bevollmächtigten telefonisch zu erreichen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

1. Rechtsgrundlage für die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen trotz entsprechender Anordnung im Termin nicht erschienenen Beteiligten ist § 141 Abs. 3 ZPO, der über § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entsprechend anwendbar ist. Nach § 141 Abs. 3 ZPO kann gegen einen im Termin ausgebliebenen Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet war (§§ 106 Abs. 3 Nr. 7, 111 Abs. 1 Satz 1 SGG), ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Nach § 381 Abs. 1 ZPO unterbleibt die Festsetzung des Ordnungsgeldes, wenn das Ausbleiben des Beteiligten rechtzeitig genügend entschuldigt wird (§ 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die nachträgliche Entschuldigung führt zur Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses (§ 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Kein Ordnungsgeld darf nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO auferlegt werden, wenn der Beteiligte zum Termin einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist.

§ 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO stellt die Entscheidung in das Ermessen des Gerichts ("kann festgesetzt werden"). Dem Gericht ist damit nicht nur ein Auswahlermessen hinsichtlich der Höhe des Ordnungsgeldes (nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EGStGB 5 bis 1.000 EUR) eröffnet. Es hat vielmehr auch über das "Ob" des Ordnungsgeldes zu befinden (sog. Entschließungsermessen). Sein Beschluss muss dabei erkennen lassen, dass es sein Ermessen erkannt und in beide Richtungen betätigt hat.

2. Der...

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