Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsvergütung: Vergütung im sozialgerichtlichen Verfahren. Voraussetzung der Zuerkennung einer Einigungsgebühr bei einem im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt. Bemessung der Verfahrensgebühr bei einer Untätigkeitsklage

 

Orientierungssatz

1. Wurde in einem sozialgerichtlichen Verfahren eine Verfahrensbeendigung durch Vergleich herbeigeführt, so  steht dem im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt eine Einigungsgebühr nur dann zu, wenn die in die Einigung zum Vergleichsvertragsschluss einbezogenen Streitgegenstände auch von der Beiordnung umfasst waren. Stützt sich die Einigung dagegen auf Streitgegenstände außerhalb der Beiordnung im konkreten Verfahren (hier: Beiordnung im Verfahren über eine Untätigkeitsklage), entsteht eine Einigungsgebühr für den Rechtsanwalt jedenfalls im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht.

2. Eine Untätigkeitsklage im sozialgerichtlichen Verfahren ist bei der Bemessung der anwaltlichen Verfahrensgebühr im Regelfall als unterdurchschnittliche Angelegenheit anzusehen.

3. Einzelfall zur Bemessung einer Verfahrensgebühr im sozialgerichtlichen Verfahren über eine Untätigkeitsklage bezüglich von Ansprüchen auf die Kosten der Unterkunft im Rahmen von Grundsicherungsleistungen (hier: unterdurchschnittlicher Fall angenommen).

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 01.04.2015 geändert. Die Vergütung des Beschwerdegegners wird auf 502,18 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung streitig.

Gegen den Bescheid vom 06.08.2009, mit dem der Beklagte die Übernahme von rückständigen Unterkunftskosten abgelehnt hatte, legten die drei Kläger, vertreten durch den Beschwerdegegner, mit Schreiben vom 31.08.2009 Widerspruch ein.

Am 06.01.2011 erhoben die Kläger, vertreten durch den Beschwerdegegner, Untätigkeitsklage.

Durch Beschluss vom 12.04.2013 bewilligte das Sozialgericht Duisburg den Klägern Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdegegner bei.

Im Erörterungstermin vom 23.04.2013 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sich der Beklagte verpflichtete einen Gesamtbetrag von 200,00 EUR zum Ausgleich sämtlicher Mietrückstände im Zeitraum vom 01.09.2006 bis zum 06.08.2009 zu zahlen und die Klägerin zu 1) sämtliche noch anhängigen Widersprüche bezüglich Mietrückständen für erledigt erklärte. Der Beklagte übernahm die Hälfte der Kosten des Widerspruchsverfahrens. Die Kosten des Gerichtsverfahrens wurden gegeneinander aufgehoben. Der Termin dauerte von 12.00 Uhr bis 12.35 Uhr.

Der Beschwerdegegner hat beantragt, seine Vergütung aus der Staatskasse auf 963,90 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von:

Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV RVG 400,00 EUR

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG 153,90 EUR.

Zur Begründung gab er an, dass sich das vorliegende Verfahren trotz seines Charakters als Untätigkeitsklage in keiner Weise von einer gewöhnlichen Klage unterschieden habe. Dies gelte insbesondere in Hinblick auf die Verfahrens- und Terminsdauer, die Anzahl der Schriftsätze, die rechtliche Schwierigkeit und die Wichtigkeit für die Kläger.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 14.03.2014 auf 811,58 EUR festgesetzt in Höhe von:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 272,00 EUR

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG 129,58 EUR.

Hiergegen hat der Beschwerdegegner Erinnerung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle unzutreffend von dem Gebührenrahmen der Nr. 3103 VV RVG ausgegangen sei.

Ebenfalls hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt. Er hat beantragt, die Vergütung auf 502,18 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von:

Verfahrensgebühr Nr. 3102,1008 VV RVG 272,00 EUR

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 130,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG 80,18 EUR.

Es sei der Ansatz einer unterdurchschnittlichen Verfahrensgebühr (170,00 EUR nach Nr. 3102 VV RVG a. F. + 102,00 EUR Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG) angemessen, da die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger allenfalls durchschnittlich, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse als gering und Umfang sowie Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als unterdurchschnittlich einzustufen seien. Die Terminsdauer habe dem Durchschnitt entsprochen. Der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im Termin hinsichtlich der Untätigkeit des Beklagten seien als unterdurchschnittlich einzustufen. Eine Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr nach Nr. 1005, 1006 RVG sei nicht angefallen. Eine Einigungsgebühr könne nicht gewährt werden, da die Prozesskostenhilfe nur für die Untätigkeitsklage bewilligt worden sei.

Durch Beschluss vom 01.04.2015 hat das Sozialgericht D...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?