Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anfallenden Rechtsanwaltsgebühren

 

Orientierungssatz

1. Eine Besprechungsgebühr kann auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anfallen. Dazu genügt, dass der Rechtsanwalt nach Erteilung des Prozessauftrags durch einen Beteiligten eine Besprechung mit dem Gegner durchführt, die auf die Vermeidung des Rechtsstreits oder nach der Anhängigkeit eines Rechtsstreits auf dessen Beendigung zielt. Hierzu muss ersichtlich sein, dass das mit der Gegenseite geführte Gespräch inhaltlich auf eine materiell-rechtliche Verfahrenserledigung gerichtet gewesen ist.

2. Der Anfall der Erledigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1002 VV RVG setzt ein qualifiziertes erledigungsgerichtetes Mitwirken des Rechtsanwalts voraus, das über das Maß hinausgeht, welches bereits durch die allgemeinen Gebührentatbestände abgegolten wird.

3. In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 86b SGG ist bei der Bemessung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG grundsätzlich nicht auf eine auf 2/3 reduzierte Mittelgebühr abzustellen. Die Bemessung hat vielmehr unter Abwägung der fünf Kriterien des § 14 RVG zu erfolgen. Ein unterdurchschnittlicher Fall rechtfertigt keinen höheren Ansatz als 60 % der Differenz zwischen Mindest- und Mittelgebühr.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 21.10.2015 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung streitig.

Die Antragstellerin zu 1) und ihre minderjährige Tochter, der Antragstellerin zu 2) bezogen vom Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im März 2015 reiste der Antragsteller zu 3), der Ehemann der Antragstellerin zu 1), in die Bundesrepublik ein.

Mit Änderungsbescheid vom 09.04.2015 setzte der Antragsgegner die an die beiden Antragstellerinnen bewilligten Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.05.2015 bis zum 30.06.2015 herab. Er übernahm nur noch 2/3 der Kosten für Unterkunft und Heizung und setzte für die Antragstellerin zu 1) nur noch einen Regelbedarf als Partnerin an. Die Bewilligung von Leistungen an den Antragsteller zu 3) lehnte er unter Berufung auf § 8 Abs. 2 S. 1und 2 SGB II ab. Er verfüge nur über eine Fiktionsbescheinigung ohne Arbeitserlaubnis (§ 81 Abs. 3 S. 1 AufenthG). Hiergegen erhob die Antragstellerin zu 1), vertreten durch den Beschwerdeführer, am 21.04.2015 Widerspruch.

Am 21.04.2015 beantragten die Antragstellerinnen den Erlass einer Regelungsanordnung.

Durch Beschluss vom 04.05.2015 bewilligte das Sozialgericht den Antragstellerinnen Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer bei.

Mit Schriftsatz vom 11.05.2015 beantragte der Antragssteller zu 3), vertreten durch den Beschwerdeführer, als Antragsteller in das Verfahren einbezogen zu werden. Als Antragsgegner wurde die Stadt E, Sozialbüro, benannt.

Mit Schriftsatz vom 11.05.2015 teilte der Antragsgegner mit, dass die Sozialgeldbewilligung an den Antragsteller zu 3) veranlasst sei. Sobald die entsprechenden Bescheide vorlägen, würden sie übersandt. Er erkläre sich bereit, die Kosten des Verfahrens dem Grund nach zu übernehmen.

Durch Beschluss vom 12.05.2015 bewilligte das Sozialgericht dem Antragsteller zu 3) Prozesskostenhilfe für die Zeit ab dem 11.05.2015 und ordnete den Beschwerdeführer bei.

Mit Schriftsatz vom 19.05.2015 übersandte der Antragsgegner eine Kopie des Bescheides vom 19.05.2015 und erklärte sich bereit, die Kosten des Verfahrens dem Grunde nach zu übernehmen. Durch Bescheid vom 19.05.2015 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.03.2015 bis zum 30.06.2015. Bei der Bedarfsberechnung legte er die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zugrunde. Daraufhin erklärten die Antragsteller das Verfahren für erledigt.

Der Beklagte übernahm die vom Beschwerdeführer in Rechnung gestellten Gebühren für das Betreiben des Widerspruchsverfahrens i.H.v. insgesamt 380,00 EUR unter Zugrundelegung einer Geschäftsgebühr von Nr. 2302 VV RVG von 300,00 EUR.

Der Beschwerdeführer hat beantragt, seine Vergütung aus der Staatskasse auf 1.106,70 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von:

Verfahrensgebühr Nr. 3102,1008 VV RVG 480,00 EUR

Anrechnung Geschäftsgebühr - 150,00 EUR

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 280,00 EUR

Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 300,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG 176,70 EUR.

Die Terminsgebühr sei entstanden, weil am 06.05.2015 ein Telefonat mit der Gegenseite, am 11.05.2015 ein Telefonat mit dem Richter und am 18.05.2015 mit der Gegenseite stattgefunden habe. Dieser Umstand mache deutlich, dass er eine Mitwirkung erbracht habe, die auf die Erledigung des Rechtstreites gerichtet gewesen sei.

Auf Anfrage der der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat Antragsgegner mitgeteilt, dass die Bearbeiterin des gerichtlichen Verfahrens, Frau Kalka, keine Telefonate mit der Besch...

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