Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Kosten der Unterkunft
Orientierungssatz
Ein Träger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende hat auch dann Mietschulden eines Grundsicherungsempfängers bei Gefahr eines Wohnungsverlustes darlehensweise zu übernehmen, wenn der Grundsicherungsempfänger das Entstehen der Mietschulden verschuldet hat. Eine Verweigerung der Mietschuldübernahme kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der aufgelaufene Rückstand auf einer Verletzung sozialrechtlicher Obliegenheiten oder auf den Missbrauch von Sozialleistungen beruht.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 8 Sätze 1-2
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 09.10.2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren ab 22.10.2014 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin G, G, beigeordnet.
Gründe
I.
Der Antragsgegner wendet sich gegen seine einstweilige Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 22 SGB II zur Begleichung von Mietrückständen sowie der Verfahrenskosten in einem Wohnungsräumungsverfahren.
Die 1985 geborene Antragstellerin zu 1) marokkanischer Nationalität ist Mutter der 2006 geborenen Antragstellerin zu 2) und Inhaberin einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis. Die Antragstellerinnen bezogen in der Vergangenheit Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II, teilweise ergänzend zu Einkünften der Antragstellerin zu 1) aus geringfügiger Tätigkeit.
Im April 2013 bezogen die Antragstellerinnen nach vermieterseitiger Kündigung der vormalig bewohnten Wohnung eine ca. 75 m² große Wohnung zu einem Kaltmietzins von 412,90 EUR zuzüglich eines Nebenkostenabschlages von 119,68 EUR und eines Abschlages für Heizkosten von 90,40 EUR monatlich. Diese Aufwendungen wurden im Rahmen der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen bis zum 30.11.2013 übernommen. Dennoch kam es zu Mietrückständen, weshalb der Vermieter das Mietverhältnis kündigte. Mit Bescheid vom 18.10.2013 übernahm der Antragsgegner darlehensweise 3.079,33 EUR zur Abwendung einer Wohnungsräumung.
Die Antragstellerinnen stellten zunächst keinen Weiterbewilligungsantrag und zahlten weder Miete noch Nebenkostenabschläge. Aufgrund von Mietrückständen kündigte der Vermieter fristlos und erwirkte einen Räumungstitel, auf dessen Grundlage eine Zwangsräumung der von den Antragstellern genutzten Wohnung auf den 16.09.2014 terminiert wurde.
Den am 14.08.2014 gestellten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Übernahme von Mietrückständen lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 10.09.2014 ab. Es seien bereits mit Bescheid vom 18.10.2013 Mietschulden übernommen worden. Mit weiterem Bescheid vom 18.10.2013 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen Regeleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 31.01.2015 sowie Unterkunftskosten vorläufig bis zur terminierten Räumung.
Am 12.09.2014 haben die Antragstellerinnen beim Sozialgericht Köln die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines Darlehens zwecks Begleichung der Mietschulden sowie der Kosten des Kündigungs- und Räumungsverfahrens begehrt. Im Räumungstermin am 16.09.2014 wurde die Zwangsräumung auf den 30.10.2014 verschoben, nachdem die Antragstellerin zu 1) kurzfristig 2.250,00 EUR beschafft und der Vermieterseite ausgehändigt hatte. Die Vermieterseite hat sich zur Fortsetzung des Mietverhältnisses (nur) im Falle der Begleichung sämtlicher Mietrückstände und aller Verfahrenskosten bereit erklärt.
Mit Beschluss vom 09.10.2014 hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellerinnen vorläufig weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 15.09.2014 bis zum 30.09.2014 i.H.v. insgesamt 311,50 EUR und für den Monat Oktober 2014 i.H.v. insgesamt 623,00 EUR zu gewähren und den Antragstellerinnen vorläufig ein Darlehen i.H.v. 4.384,91 EUR für entstandene Mietschulden und die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Räumungs- und Vollstreckungsverfahrens zu gewähren. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
Gegen den am 13.10.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am selben Tag eingelegte Beschwerde des Antragsgegners. Die Antragstellerin zu 1) habe sich die bereits durch Bescheid vom 18.10.2013 erfolgte Darlehensgewährung zur Tilgung aufgelaufener Mietschulden, Anwalts- und Gerichtskosten aus dem Jahr 2013 nicht zur Lehre dienen lassen. Vielmehr habe sie direkt nach dem darlehensweisen Ausgleich der Rückstände ab November 2013 wiederum keine Miete mehr gezahlt. Die Entstehung von zur Kündigung führenden Mietschulden sei absehbar gewesen. Dieses wiederholte Versäumnis habe neben den Mietschulden selbst hohe zusätzliche Kosten durch Gerichts- und Räumungskosten ausgelöst, die nicht zu Lasten der öff...