Entscheidungsstichwort (Thema)
Bildung des Gesamtgrades der Behinderung im Schwerbehindertenrecht
Orientierungssatz
1. Aus einem Teil-GdB von 30 für einen Gehörschaden, einem solchen von 20 für eine Wirbelsäulenschädigung bei Beckenschiefstand und einem GdB von 10 für eine Schädigung des Kniegelenks ist im Schwerbehindertenrecht ein Gesamt-GdB von 50 zu bilden.
2. Das Hinzutreten des Knieleidens mit einem Einzel-GdB von 10 führt nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB. Zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 05.03.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 vorliegt.
Mit Bescheid vom 07.10.2008 hat der Beklagte bei dem 1956 geborenen Kläger einen GdB von 40 festgestellt und dabei eine Schwerhörigkeit, Ohrerkrankung mit einem Einzel-GdB von 30 und ein Wirbelsäulenleiden, Beckenschiefstand mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigt.
Im Januar 2012 stellte der Kläger einen Änderungsantrag. Diesen begründete er damit, dass er im März 2012 bei einem Unfall sein rechtes Knie verletzt habe. Das Knie habe trotz einer anschließenden Operation (OP) seine ursprüngliche Beweglichkeit und Belastbarkeit nicht wieder erreicht. Die Beklagte zog einen Bericht der Radiologen Dres. T u.a. über ein Multi-Slice-CT des rechten Kniegelenkes vom 15.04.2011 bei und holte einen Befundbericht von dem Orthopäden Q ein. In dem Bericht vom 17.01.2012 berichtete dieser, der Kläger habe sich im März 2011 nach einem Sturzereignis eine Fraktur des Tibiaplateaus rechts ohne Stufenbildung zugezogen. Im April 2011 sei die OP erfolgt. Bei der letzten Vorstellung im November 2011 habe sich eine leichte Schwellung des rechten Kniegelenkes ohne Ergussbildung gezeigt. Die Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes sei schmerzhaft eingeschränkt gewesen, mit einem Strecken-Beugen von 0-0-120 Grad. Die Beklagte ließ diese medizinischen Unterlagen durch die Chirurgin Dr. X auswerten. Diese ging in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 24.01.2012 weiterhin von einem Gesamt-GdB von 40 aus. Die hinzugetretenen Unfallfolgen am rechten Kniegelenk bedingten lediglich einen Einzel-GdB von 10, der nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB führe.
Mit Bescheid vom 01.02.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Feststellung eines höheren GdB ab. Zur Begründung führte sie aus, die Funktionseinschränkung am rechten Kniegelenk sei nicht so schwerwiegend, dass der bisher festgestellte GdB zu erhöhen sei.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er vertrat die Auffassung, die Funktionseinschränkungen des rechten Kniegelenks seien mit einem Einzel-GdB von 10 nicht ausreichend bewertet. Wegen des teilweise steifen Kniegelenks und ständigen Schmerzen könne er nicht einmal normal gehen. Dementsprechend seien die Auswirkungen für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft schwerwiegend. Die Beklagte holte eine gutachtliche Stellungnahme von Dr. F ein, die die Einschätzung des Gesamt-GdB mit 40 bereits als sehr wohlwollend bewertet ansah. Sie wies darauf hin, dass das Kniegelenksleiden nach den vorliegenden Befundunterlagen, insbesondere der Beweglichkeitsmessung des Orthopäden Q ausreichend hoch bewertet sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen legte der Kläger am 05.07.2012 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) ein, mit der er weiterhin die Anerkennung eines höheren GdB begehrt hat. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Zur Stützung seines Klagebegehrens hat er, nachdem das Verfahren mit Beschluss vom 08.07.2013 zum Ruhen gebracht und auf Antrag des Klägers im Januar 2016 wiederaufgenommen wurde, einen Bericht der Radiologen Dres. T1 u.a. über ein MRT des rechten Kniegelenkes vom 16.06.2014 sowie Behandlungsberichte der orthopädischen Klinik W vom 11.12.2014 und der Sportklinik I vom 10.10.2015 vorgelegt.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.02.2012 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 05.06.2012 zu verurteilen, einen GdB von 50 ab der Änderungsantragstellung vom 02.01.2012 zuzuerkennen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat den angefochtenen Bescheid unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme seiner beratenden Ärztin Dr. I vom 11.05.2016 für rechtmäßig gehalten.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens von dem Direktor der Orthopädischen Klinik des Klinikums E Prof. Dr. M. Dieser ist in seinem Gutachten vom 28.02.2017 aufgrund einer ambulanten und röntgenologischen Untersuchung des Klägers vom 23.02.2...