Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Beschwerde gegen einen Verweisungsbeschluss. Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs. öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Hausverbot eines Sozialleistungsträgers. keine ausdrückliche Zuweisung an die Sozialgerichtsbarkeit. keine Herleitung des Klageanspruchs aus dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende. kein Sachzusammenhang

 

Orientierungssatz

1. Ein Hausverbot durch einen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger hat dann öffentlich-rechtlichen Charakter, wenn es dazu dient, die Erfüllung der staatlichen Aufgaben im Verwaltungsgebäude zu sichern und die unbeeinträchtigte Wahrnehmung einer bestimmten staatlichen Sachkompetenz zu gewährleisten. Ein Hausverbot ist nur dann ausnahmsweise privatrechtlicher Natur, wenn die im Besitz oder Eigentum eines öffentlichen Verwaltungsträgers stehenden Räumlichkeiten allein zu fiskalischen Zwecken genutzt werden (vgl BSG vom 1.4.2009 - B 14 SF 1/08 R = SozR 4-1500 § 51 Nr 6).

2. Von der Zuweisung in § 51 Nr 4a SGG erfasst sind die Rechtsstreitigkeiten, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre Grundlage im SGB 2 oder anderen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebenden Büchern des SGB hat (vgl BSG vom 1.4.2009 - B 14 SF 1/08 R aaO).

3. Als Ermächtigungsgrundlage zur Erteilung eines Hausverbots gilt auch für die Sozialleistungsträger nur der allgemeine öffentlich-rechtliche Grundsatz, wonach das Hausrecht als notwendiger Annex zur öffentlich-rechtlichen Sachkompetenz einer Behörde von deren Leiter kraft der ihm zustehenden Organisationsgewalt zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebs ausgeübt wird und der Ausspruch eines Hausverbots als präventive Maßnahme gegen künftige Störungen des Betriebsablaufs auch ohne ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage möglich ist (vgl LSG Hamburg vom 8.7.2013 - L 4 AS 214/13 B und vom 31.7.2012 - L 4 AS 246/12 B ER = NDV-RD 2012, 118).

4. Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des BSG, wonach dann, wenn das Hausverbot im Rahmen oder aus Anlass eines zwischen den Beteiligten geführten Verwaltungsverfahrens nach dem SGB 2 ausgesprochen wird, ein die Rechtswegezuständigkeit der Sozialgerichte begründender Sachzusammenhang zu den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu bejahen ist (entgegen BSG vom 1.4.2009 - B 14 SF 1/08 R aaO).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 21.07.2014; Aktenzeichen B 14 SF 1/14 R)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 14.01.2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Die Beschwerde zum Bundessozialgericht wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Beklagte wendet sich gegen eine Verweisung eines Klageverfahrens wegen eines Hausverbots an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Köln.

Der am 00.00.1954 geborene Kläger bezieht seit Jahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Nachdem der Beklagte wegen aggressiven und beleidigenden Verhaltens bereits 2008 und 2011 Hausverbote ausgesprochen hatte, erteilte er nach erneutem beleidigendem Verhalten des Klägers gegenüber Mitarbeitern des Beklagten mit Bescheid vom 26.02.2013, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, ein Hausverbot für die Zeit vom 26.02.2013 bis zum 31.05.2013. Der Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Den am 02.03.2013 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 27.08.2013 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 10.09.2013 erhobene Klage, mit der der Kläger sinngemäß die Feststellung der Rechtswidrigkeit des mit dem Bescheid vom 26.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2013 ausgesprochenen Hausverbots begehrt.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 14.10.2013 den Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das (örtlich zuständige) Verwaltungsgericht Köln verwiesen.

Gegen den am 17.10.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beklagten vom 07.11.2013. Der Beklagte beantragt die Aufhebung des Verweisungsbeschlusses. Gem. § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG sei der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Das Hausverbot sei im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens nach dem SGB II ausgesprochen worden, weshalb nach der Rechtsprechung des BSG (BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R) der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet sei.

II.

Die Beschwerde ist gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG statthaft. Hiernach steht gegen einen Beschluss, mit dem der beschrittene Rechtsweg für unzulässig erklärt wird, den Beteiligten die sofortige Beschwerde nach der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung zu. Da das SGG eine sofortige Beschwerde nicht kennt, tritt an deren Stelle die Beschwerde nach § 172 SGG (BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 m.w.N.; LSG Hamburg Beschluss vom 31.07.2012 - L 4 AS 246/12 B ER).

Die Beschwerde ist auch i...

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