Orientierungssatz

1. Die Berufung erfordert, wenn sie schriftlich eingelegt wird, zu ihrer Zulässigkeit einen unterschriebenen Schriftsatz. Notwendig ist die eigenhändige Unterschrift mit vollem Familiennamen derjenigen Person, die den Schriftsatz gefertigt hat oder für die dieser gefertigt wurde.

2. Die Unkenntnis der Gerichtssprache Deutsch ist solange kein Wiedereinsetzungsgrund, als ausreichend Zeit zur Fertigung einer Übersetzung bestand.

3. Durch die Erstattung der Versicherungsbeiträge wird das Versicherungsverhältnis rückwirkend aufgelöst. Nachgewiesen wird die Beitragserstattung durch Vorlage der Stammkarte. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 03.02.2006 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Gewährung von (Regel-)Altersrente.

Der 1936 geborene Kläger ist Marokkaner und lebt in Marokko. Vom 22.7.-18.9., vom 21.9. bis 31.12.1964 und vom 1.1. bis 15.1.1965 war er versicherungspflichtig im Deutschen Steinhohlenbergbau beschäftigt und entrichtete Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Im November 2003 wandte er sich an die Beklagte mit der Bitte um Hilfe "bezüglich der Gewährung einer Rente oder der Erstattung der Versicherungsbeitragsleistungen". Die Beklagte entnahm einem "maschinellen Konto", dass dem Kläger die gezahlten Beiträge mit Bescheid vom 11.1.1991 erstattet wurden, und lehnte die Gewährung "einer Rentenleistung" ab (Bescheid vom 19.2.2004, Widerspruchsbescheid vom 24.5.2004).

Der Kläger wandte sich am 1.7.2004 an das Sozialgericht (SG) Dortmund: Da er in Deutschland lohnbeschäftigt gewesen sei, beantrage er eine Finanzhilfe oder eine Altersrente.

Die Beklagte legte die "Stammkarte für Ausländer (Arbeiter)" der Ruhrknappschaft Bochum vor, in der die o.g. Beschäftigungszeiten vermerkt sind und die drei Stempel mit dem Vermerk "Beitragserstattung" aufweist.

Nach Hinweis, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt sei, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Mit der Beitragserstattung sei das Versicherungsverhältnis rückwirkend aufgelöst worden. Die Beitragserstattung sei durch Vorlage der Stammkarte nachgewiesen (Gerichtsbescheid vom 3.2.2006).

Am 7.4.2006 ging beim SG ein handschriftlich gefertigtes Schreiben zum dortigen Aktenzeichen ein, dass im Wesentlichen wie folgt lautete:

"Die Knappschaft hat dem Herrn B 1991 ca. 300 DM ausgezahlt. Doch nur durch seine Unwissenheit hat er das Geld angenommen. Er will das sie die Summe einbehalten und ihm seine zustehend Rent schicken. Das Gericht sollte denn Fall noch mal bearbeiten und Gerechtigkeit beachten. [ ...] gez. Ex-Gastarbeiter jetzt Frei".

Das Berufungsgericht hat dem Kläger das Original dieses Schreibens zugeleitet mit der Bitte, durch eigene Unterschrift kenntlich zu machen, dass es sich um eine Berufung gegen den ihm am 9.3.2006 zugestellten Gerichtsbescheid vom 3.2.2006 handele. Darauf hat der Kläger nicht geantwortet. Später ist der Kläger vom Senat darauf hingewiesen worden, dass nicht erkennbar sei, wer sich mit dem Schreiben vom 13.03.2006 für ihn gemeldet habe. Die Berufung sei damit unzulässig und müsse verworfen werden; die Verwerfung durch Beschluss sei vorgesehen (§ 158 Sozialgerichtsgesetz). Der Kläger hat mitgeteilt, er bitte höflichst, in der Sache eine Entscheidung zu treffen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug.

II.

Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, da sie binnen der dreimonatigen Berufungsfrist nicht schriftlich eingelegt worden ist, § 158 Abs 1 Satz 1 SGG. Der Senat kann nach § 158 SGG durch Beschluss entscheiden, obwohl sich die Berufung gegen einen Gerichtsbescheid richtet, weil § 158 anders als § 153 Abs 4 Satz 1 SGG keine derartige Einschränkung enthält (Meyer-Ladewig. SGG. Kommentar. 8. Auflage 2005, § 158 Rdnr 6 mwN; Peters/Sautter/Wolff. Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit. 4 Aufl. Stand Januar 2006, § 158 Rdnr 17 mwN; Frehse in: Jansen. Sgg. 2. Aufl. 2005, § 158 Rdnr 3; aA im Hinblick auf Art 6 EMRK: HdB SGB-Udsching.VIII Rdnr 77).

Bei dem innerhalb der Berufungsfrist eingegangenen Schreiben vom 13.3.2006 handelt es sich nicht um eine vom Kläger oder für den Kläger beim SG (§ 151 Abs 2 SGG) schriftlich im Sinne von § 151 Abs. 1 SGG eingelegte Berufung. Nach Sinn und Zweck des § 151 erfordert die schriftliche Einlegung einer Berufung grundsätzlich einen unterschriebenen Schriftsatz. Die Schriftform soll dabei gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung und die Person, die sie abgibt, zuverlässig entnommen werden können, außerdem, dass es sich nicht um einen Entwurf handelt, sondern um eine Erklärung, die mit Wissen ...

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