Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit
Orientierungssatz
1. Eine lange Verfahrensdauer allein kann die Besorgnis der Befangenheit gegen einen Richter nicht begründen. Erst dann, wenn sich der Verfahrensablauf über lange Zeit eindeutig als eine Kette von Verzögerungen bis hin zur Untätigkeit darstellt und keine Gründe ersichtlich sind, welche diesen Ablauf als vertretbar erscheinen lassen könnten, kann ein besonnener Rechtsuchender begründete Zweifel an der objektiven Einstellung des Richters haben.
2. Die Erfüllung richterlicher Aufgaben und ihre zeitliche Einteilung unterfallen der richterlichen Unabhängigkeit. Je nach der Arbeitsweise und der Einarbeitung in das jeweilige Rechtsgebiet sowie nach dem Schwierigkeitsgrad der anstehenden Rechtsstreitigkeiten kann sich ein längerer oder auch kürzerer tatsächlicher Zeitablauf ergeben, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1987 -2 C 57/86.
3. Der Umfang der dienstlichen Äußerung des Richters auf einen Befangenheitsantrag hin steht grundsätzlich in dessen Ermessen. Steht der für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erhebliche Sachverhalt unstreitig fest, so bedarf es keiner im Einzelnen begründeten dienstlichen Äußerung.
Normenkette
ZPO §§ 42, 44 Abs. 3
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 07.11.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die statthafte (s. dazu u.v.a. Beschlüsse des Senats vom 24.09.2012 - L 11 U 416/12 B - und vom 22.10.2012 - L 11 AS 1240/12 B -) Beschwerde des Klägers ist nicht begründet, denn das Sozialgericht (SG) Köln hat dessen gegen Richterin am Sozialgericht L gerichtete Befangenheitsgesuch zu Recht zurückgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 07.11.2012 (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und führt ergänzend aus:
1. Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung vom 07.11.2012 ist der Befangenheitsantrag des Klägers im Schriftsatz vom 16.08.2012 einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahme im Schriftsatz vom 03.09.2012. Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass im Schriftsatz vom 03.09.2012 ein weiteres Befangenheitsgesuchs enthalten sei, wenn er in seinem Schriftsatz vom 15.11.2012 schreibt "die Befangenheitsgesuche des Antragstellers vom 16.08.2012 und 03.09.2012", so ist dies grundsätzlich schon deshalb unerheblich, weil das SG den ihm zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt in vollem Umfang erfasst und entsprechend zutreffend tenoriert hat. Ungeachtet dessen erschließt das o.a. Verständnis des Klägers nicht; denn er hat in seinem Schriftsatz vom 03.09.2012 selber vorangestellt: "In Sachen wird zur Dienstlichen Äußerung der Richterin L wie folgt Stellung genommen: Die Besorgnis der Befangenheit besteht verstärkt, so dass an der Richterablehnung festgehalten wird."
2. Den zur Entscheidung gestellten Sachverhalt hat der Kläger bereits im Schriftsatz vom 16.08.2012 hinreichend konkret wiedergegeben, in dem er unter dem Aktenzeichen S 14 AS 108/08 u.a. geschrieben hat "Der Antragsteller hat unter dem 17.11.2010 einen Antrag auf Festsetzung der Entschädigung durch gerichtlichen Beschluss (§ 4 Abs. 1 S.1 JVEG) beantragt. Da bisher keine Reaktion erfolgte ". Auch wenn der Beschluss des SG vom 07.11.2012 und ähnlich ebenso die dienstliche Stellungnahme von Richterin am Sozialgericht L vom 17.08.2012 u.a. aufführen "In Sachen: S 14 AS 3616/10", steht außer Zweifel, dass sich dienstliche Stellungnahme und Beschluss auf den von dem Kläger dargelegten Sachverhalt beziehen (s. z.B. Beschluss vom 07.11.2012: "Die von dem Kläger gerügte unterlassene Bearbeitung des Kostenantrags und der Sachstandsanfragen vom 05.06.2012 und 31.07.2012 ist "). Ob insoweit ggf. eine Berichtigung o.Ä. begehrt werden kann, ist nicht Gegenstand der Entscheidung des Senats und für diese auch ohne Belang.
3. Die Einwendungen des Klägers beruhen zunächst in erheblichem Maß auf unzutreffender Wiedergabe der Entscheidung des SG bzw. auf ebenfalls unrichtiger Zitierung des Inhalts der von dem Kläger angegeben Fundstellen.
a) Es ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus dem von dem Kläger als Beleg angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 08.06.1993 - 1 BvR 878/90 -, dass dem Ablehnenden eine Ausfertigung der dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters zu übersenden ist. Der Ablehnende muss zur dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters Stellung nehmen können; für die Übermittlung der dienstlichen Äußerung bestehen indes keine Formerfordernisse, so dass die Übermittlung in Form einer einfachen Abschrift (wie mit Schreiben vom 24.08.2012 geschehen) oder in Form einer Ablichtung (wie mit Schreiben vom 17.12.2012 geschehen) erfolgen kann.
b) Unzutreffend ist ebenfalls die Behauptung des Klägers, dass SG sei bei seiner rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass der Standpunkt des Ablehnenden unbeachtlich sei. Denn das SG hat seiner Entscheidung ausdrückl...