Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der Beschwerde gegen Versagung von Prozesskostenhilfe wegen fehlenden Nachweises der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
Orientierungssatz
1. Ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt worden, dass die erforderlichen Nachweise zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht vorgelegt wurden, so beruht die gerichtliche Entscheidung tragend auf der fehlenden Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
2. In einem solchen Fall kann die ergangene Entscheidung mit der Beschwerde nicht angefochten werden. Dies gilt auch für den Fall einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung. Die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels beurteilt sich ausschließlich nach dem geltenden Prozessrecht. Darin ist eine Bindung des Beschwerdegerichts an eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung nicht vorgesehen.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 15.03.2012 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Mit seiner im November 2011 erhobenen und im März 2012 begründeten Klage hat der Kläger zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Mit Verfügung vom 24.11.2011 wurde er (auch) zur Begründung des PKH-Gesuchs aufgefordert, gleichzeitig wurde ihm eine "Erklärung für PKH" übersandt. Am 17.1. 2012 erinnerte das Sozialgericht (SG) an die Begründung des PKH-Gesuchs und die Übersendung der PKH-Erklärung. Mit Verfügung vom 15.2.2012 setzte das SG dazu eine Frist von 3 Wochen und wies gleichzeitig auf § 118 Abs 2 Satz 4 Zivilprozessordnung (ZPO) hin, den es wörtlich zitierte. Der Kläger legte die erbetenen Unterlagen innerhalb der Frist nicht vor. Deshalb lehnte das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab; die angefügte Rechtsmittelbelehrung enthielt den Hinweis, der Beschluss könne mit der Beschwerde angefochten werden (Beschluss vom 15.3.2012).
II.
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.
Nach § 172 Abs 3 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Eine Verneinung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen liegt nicht nur vor, wenn eine Prüfung fehlende Bedürftigkeit ergibt, sondern auch, wenn die Prüfung nicht möglich ist, weil der nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 117 Abs 2 Satz 1, Abs 3 und 4 ZPO erforderliche Vordruck nicht vorgelegt oder fehlerhaft aufgefüllt worden ist, und auch sonst keine ausreichenden Unterlagen zur zuverlässigen Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9.9.11, Aktenzeichen (Az) L 11 AS 839/11 B; Bay. LSG, Beschlüsse vom 25.7.2011, Az L 7 AS 492/11 B PKH, und vom 1.10.2009, Az L 16 AS 490/09 B PKH; LSG NRW, Beschlüsse vom 7.7.2011, Az L 7 AS 527/11 B, und vom 4.11.2008, Az L 7 B 331/09 AS; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 26.5.2011, Az L 25 AS 835/11 B PKH, vom 24.11.2010, Az L 10 AS 2195/10 B PKH, vom 25.2.2010, Az L 25 B 2170/08 AS PKH, und vom 24.3.2009, Az L 5 B 2025/08 AS PKH; Sächsisches LSG, Beschlüsse vom 13.9.2010, Az L 7 AS 204/10 B PKH, und vom 6.8.2009, Az L 3 AS 375/09 B PKH; LSG BW, Beschluss vom 13.1.2009, Az L 11 KR 5759/08 PKH-B; Leitherer in: Meyer-Ladewig u.a. SGG. Kommentar. 10. Aufl. 2012. § 172 Rdnr 6h mwN). Seit Anfügung des § 172 Abs 3 SGG zum 1.4.2008 unterscheidet das SGG für die Statthaftigkeit der PKH-Beschwerde zwischen Entscheidungen, die auf die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse abstellen, und solchen, die auf die sachlichen Voraussetzungen (hinreichende Aussicht auf Erfolg und fehlende Mutwilligkeit) abstellen. Beruht die Ablehnung auf dem Fehlen der persönlichen und/oder wirtschaftlichen Voraussetzungen, entscheidet das SG endgültig, eine Beschwerde findet nicht statt. Das muss nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift erst recht gelten, wenn Unterlagen, die die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ermöglichen sollen, innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist nicht vorgelegt werden. Denn der Rechtsschutz kann bei der Verletzung prozessualer Mitwirkungsobliegenheiten nicht weiter reichen als bei ihrer Erfüllung (in diesem Sinne auch: LSG Niedersachsen Bremen, aaO; Bay. LSG, Beschluss vom 25. Januar 2011, Az L 18 SO 235/10 B PKH; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Dezember 2010, Az L 28 AS 619/09 B PKH; Sächsisches LSG, Beschluss vom 13. September 2010, Az L 7 AS 204/10 B PKH; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Januar 2009, Az L 11 KR 5759/08 PKH-B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. November 2008, Az L 7 B 331/09 AS). Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe soll nach der Gesetzesbegründung nur noch mit der Beschwerde angefochten werden können, wenn vom SG die Erfolgsaussichten in der Hauptsache verneint wurden (BT-Drucksache 16/7716 S 22 zu Nr 29).