Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss eines Anspruchs des Grundsicherungsberechtigten auf Übernahme der Kosten für Corona-Schutz-Masken durch den Grundsicherungsträger - einstweiliger Rechtschutz
Orientierungssatz
1. Die Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz setzt die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus.
2. Ein Anspruch des Grundsicherungsberechtigten auf Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB 2 zur Anschaffung von Corona-Schutz-Masken für den Hilfebedürftigen ist ausgeschlossen, weil der geltend gemachte Bedarf ausnahmslos alle Leistungsberechtigten nach dem SGB 2 trifft.
3. Es fehlt darüber hinaus an dem zur Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz erforderlichen Anordnungsgrund. Angesichts der erforderlichen Kosten ist es dem Antragsteller zuzumuten, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
4. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Grundsicherungsberechtigte Anspruch auf die in § 70 S. 1 SGB 2 vorgesehene Einmalzahlung von 150.- €. hat.
Tenor
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.03.2021 werden zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 08.03.2021 haben keinen Erfolg.
A) Der Senat lässt dahinstehen, ob die Beschwerden zulässig und insbesondere der maßgebliche Beschwerdestreitwert von mehr als 750 EUR erreicht wird (§§ 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), weil die Beschwerden jedenfalls unbegründet sind (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Auflage 2020, vor § 51 Rn. 13b).
B) Die Beschwerden sind unbegründet. Das SG hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Sache zu Recht abgelehnt.
I. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im summarischen Verfahren (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 29.07.2003, 2 BvR 311/03). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden. Die grundrechtlichen Belange der Antragsteller sind dabei umfassend in die Abwägung einzustellen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05).
1. Es fehlt bereits an einem Anordnungsanspruch. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass hinsichtlich des Begehrens, den Antragstellern Schutzmasken nach dem FFP2 oder einem vergleichbaren Standard zur Verfügung zu stellen, hilfsweise, einen Betrag in Höhe von monatlich 129 EUR zu gewähren, die Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) i.d.F. des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe und zur Änderung des Zwölften und Zweiten Buches Sozialgesetzbuch sowie weiterer Gesetze vom 09.12.2020, BGBl. I S. 2855) erfüllt wären.
Das Vorliegen eines Einzelfalls i.S.d. § 21 Abs. 6 S. 1 Halbsatz 1 SGB II ist nicht glaubhaft gemacht. Der geltend gemachte Bedarf dürfte vielmehr ausnahmslos alle Leistungsberechtigten nach dem SGB II treffen, denn die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung gilt grundsätzlich für alle natürlichen Personen im Geltungsbereich der jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften (für Nordrhein-Westfalen: § 3 Abs. 2 Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO); zu Ausnahmen s. § 3 Abs. 4 ebenda). Selbst wenn man davon ausginge, dass mit den in die Regelbedarfsbemessung eingeflossenen Verbrauchsausgaben für Gesundheitspflege (vgl. § 5 Abs. 1 Regelbedarfsermittlungsgesetz 2021, dort Abt. 6) die durch die landesrechtlichen Vorschriften verursachten Ausgaben für Mund-Nasen-Bedeckungen "strukturell unzutreffend" erfasst wären (vgl. Bundessozialgericht [BSG), Urteil vom 08.05.2019, B 14 AS 13/18 R, juris Rn. 20 ff.) und damit ein "besonderer Bedarf" i.S.d. § 21 Abs. 6 S. 1 Halbsatz1 SGB II vorläge (vgl. dazu ...