Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Darlegungsobliegenheit des Antragstellers zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Orientierungssatz
1. Ein bewilligungsreifer PKH-Antrag erfordert, das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antragsteller muss die hinreichende Erfolgsaussicht schlüssig und substantiiert unter Angabe der Beweismittel aufzeigen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich im PKH-Verfahren die zur Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage maßgeblichen tatsächlichen Aspekte selbst zu erarbeiten.
2. Grundsätzlich können auch noch im Beschwerdeverfahren erforderliche Beweismittel vorgetragen werden. Dies gilt aber nicht für die nach § 117 ZPO erforderlichen Unterlagen. Weil die Entscheidung über die beantragte PKH nicht der materiellen Rechtskraft fähig ist, kann der Kläger einen neuen Antrag stellen. Dieser ist zu bescheiden und beschwerdefähig.
Normenkette
SGG § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO § 117 Abs. 1 S. 2
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.05.2016 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Kläger begehren mit ihrer Beschwerde Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, das sich gegen einen Widerspruchsbescheid vom 04.09.2015 richtet. Mit diesem ist der Widerspruch als unzulässig verworfen worden.
Das Sozialgericht hat mit Verfügung vom 05.04.2016 eine Frist zur Darstellung des Streitverhältnisses gesetzt und darauf hingewiesen, dass bei Nichterfüllung der gerichtlichen Auflage die Erfolgsaussichten der Klage im Rahmen der Prüfung der Prozesskostenhilfe nicht bejaht werden können. Eine Reaktion des Bevollmächtigten, der den Zugang der Aufforderung mit Empfangsbekenntnis quittierte, erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 09.05.2016 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Darlegung hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Zur Begründung der Klage sei nichts vorgetragen worden.
Gegen diesen am 11.05.2016 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 10.06.2016 ohne Begründung Beschwerde eingelegt.
II.
Der Senat lässt es ausnahmsweise dahinstehen, ob die Beschwerde nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 b SGG zulässig ist, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 EUR liegt. Diese Wertbestimmung wäre dem Senat nur möglich, wenn eine Darstellung des Streitverhältnisses erfolgt wäre, woran es vorliegend mangelt.
Die Beschwerde ist in jedem Fall unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts lagen die Voraussetzungen für die Bewilligung nach §§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG, 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht vor. Hiernach erfordert ein bewilligungsreifer Prozesskostenhilfeantrag, das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen (BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10). Ein Rechtschutzsuchender muss wenigstens im Kern deutlich machen, auf welche Beanstandung er seine Klage stützt (BVerfG, Beschluss vom 20.10.1993 - 1 BvR 1686/93). Er muss die hinreichende Erfolgsaussicht anhand konkret bezeichnender und darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert unter Angabe der Beweismittel aufzeigen (LSG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse vom 05.03.2010 - L 5 AS 344/09 B und vom 29.04.2009 - L 8 SO 4/09 B). Insoweit hat ein Rechtschutzsuchender eine Darlegungsobliegenheit, die auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes im sozialgerichtlichen Verfahren gilt (BVerfG, Beschluss vom 25.04.2012 - 1 BvR 2869/11). Die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten setzt u. a. eine Kenntnis der tatsächlichen Grundlage des Rechtschutzbegehrens voraus (BVerfG, Beschluss vom 25.04.2012 - 1 BvR 2869/11). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich im Prozesskostenhilfeverfahren die zur Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage maßgeblichen tatsächlichen Aspekte selbst zu erarbeiten (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.04.2009 - L 8 SO 4/09 B mwN; zusammenfassend LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.10.2013 - L 19 AS 1057/13 B).
Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Klageverfahrens ist grundsätzlich der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich, es sei denn diese erfolgt verspätet. Dann kommt es auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife an (Bayerisches LSG, Beschluss vom 29.07.2015 - L 15 VG 19/15 B PKH; Beschluss des Senats vom 01.04.2015 - L 7 AS 1904/14 B ER, L 7 AS 1905/14 B). Damit können grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren noch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden (§§ 202 SGG, 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dies gilt jedoch nicht für die Vorlage der nach § 117 ZPO erforderlichen Unterlagen (vgl. Beschluss des Senats vom 11.12.2015 - L 7 AS 1445/15 B). Diese ermöglichen erst die Einleitung eines Bewilligungsverfahrens i. S. d § 118 ZPO und eine Sachprüfung des Antrags auf Prozesskostenhilfe, so dass ihre Berücksichtigung erst im Beschwerdeverfahren der gesetzlich bestimmten funktionellen Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache für die Prüfung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe zuwiderla...