Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der hinreichenden Erfolgsaussicht zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Umfang der Darlegungspflicht
Orientierungssatz
1. Zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe muss der Rechtschutzsuchende wenigstens im Kern deutlich machen, auf welche Beanstandung er seine Klage stützt (BVerfG Beschluss vom 20. 10. 1993, 1 BvR 1686/93). Hierzu muss er die hinreichende Erfolgsaussicht anhand konkret darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert unter Angabe der Beweismittel begründen.
2. Für die Beurteilung der Erfolgsaussicht ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich. Die Vorlage der nach § 117 ZPO zur Bewilligung von PKH erforderlichen Unterlagen muss im PKH-Verfahren selbst erfolgen. Eine Vorlage erst im Beschwerdeverfahren genügt nicht.
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 15.03.2019 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts lagen die Voraussetzungen für die Bewilligung nach §§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG, 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht vor. Hiernach erfordert ein bewilligungsreifer Prozesskostenhilfeantrag, das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen (BVerfG Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10). Ein Rechtschutzsuchender muss wenigstens im Kern deutlich machen, auf welche Beanstandung er seine Klage stützt (BVerfG Beschluss vom 20.10.1993 - 1 BvR 1686/93). Er muss die hinreichende Erfolgsaussicht anhand konkret bezeichnender und darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert unter Angabe der Beweismittel aufzeigen (LSG Sachsen-Anhalt Beschlüsse vom 05.03.2010 - L 5 AS 344/09 B und vom 29.04.2009 - L 8 SO 4/09 B). Insoweit hat ein Rechtschutzsuchender eine Darlegungsobliegenheit, die auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes im sozialgerichtlichen Verfahren gilt (BVerfG Beschluss vom 25.04.2012 - 1 BvR 2869/11). Die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten setzt eine Kenntnis der tatsächlichen Grundlage des Rechtschutzbegehrens voraus (BVerfG Beschluss vom 25.04.2012 - 1 BvR 2869/11). An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich im Prozesskostenhilfeverfahren die zur Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage maßgeblichen tatsächlichen Aspekte selbst zu erarbeiten (Beschluss des Senats vom 06.07.2016 - L 7 AS 1210/16 B; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 29.04.2009 - L 8 SO 4/09 B mwN; zusammenfassend LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 16.10.2013 - L 19 AS 1057/13 B).
Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Klageverfahrens ist grundsätzlich der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich, es sei denn diese erfolgt verspätet. Dann kommt es auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife an (Beschluss des Senats vom 01.04.2015 - L 7 AS 1904/14 B ER, L 7 AS 1905/14 B; Bayerisches LSG Beschluss vom 29.07.2015 - L 15 VG 19/15 B PKH). Damit können grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren noch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden (§§ 202 SGG, 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dies gilt jedoch nicht für die Vorlage der nach § 117 ZPO erforderlichen Unterlagen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 06.07.2016 - L 7 AS 1210/16 B und vom 11.12.2015 - L 7 AS 1445/15 B). Diese ermöglichen erst die Einleitung eines Bewilligungsverfahrens iSd § 118 ZPO und eine Sachprüfung des Antrags auf Prozesskostenhilfe, sodass ihre Berücksichtigung erst im Beschwerdeverfahren der gesetzlich bestimmten funktionellen Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache für die Prüfung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe zuwiderlaufen würde. Da die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe nicht der materiellen Rechtskraft fähig ist (vgl. BGH Beschluss vom 03.03.2004 - IV Z B 43/03), können die Kläger einen neuen Antrag stellen. Dieser ist erneut zu bescheiden.
Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Fundstellen
Dokument-Index HI13219832 |