Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
Orientierungssatz
1. Die Berufung ist nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Natur aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt.
2. Das gesetzliche Verfahren zur Ermittlung des Regelbedarfs steht im Einklang mit der Verfassung (BVerfG Beschluss vom 23. 7. 2014, 1 BvL 10/12). Rügt der Kläger, die Höhe des Regelbedarfs sei in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen worden, so hat er Belege dafür zu benennen, dass trotz der jährlichen Fortschreibung des Regelbedarfs eine existenzgefährdende Unterdeckung durch eingetretene Preissteigerungen entstanden wäre, auf die der Gesetzgeber vorzeitig durch eine Neufestsetzung des Regelbedarfs hätte reagieren müssen.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 01.08.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt monatlich höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) seitens des Beklagten. Sein Ziel sind monatlich weitere 87,00 EUR für Februar bis Juli 2016. Im Wesentlichen trägt der Kläger zur Begründung vor, der Gesetzgeber sei nicht berechtigt gewesen, die Regelleistungen ab 01.01.2016 ohne Berücksichtigung der am 10.09.2015 veröffentlichen Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2013 zu berechnen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband habe errechnet, dass sich nach der EVS ein Regelsatz von 491,00 EUR ergebe. Ferner habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG; 1 BvL 10/12) den Gesetzgeber verpflichtet, die Entwicklung der Strompreise zu beachten und gegebenenfalls den Stromkostenanteil in den Regelsätzen zu erhöhen. Diesbezüglich sei der Gesetzgeber seit Juli 2014 untätig gewesen.
Mit Urteil vom 01.08.2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Berufung nicht zugelassen und ausgeführt, dass der Kläger grundsätzlich recht habe: Nach Vorliegen einer neuen EVS habe eine Neuermittlung der Regelsätze stattzufinden. Jedoch habe der Gesetzgeber nicht genügend Zeit gehabt, dies bei den Regelleistungen ab 01.01.2016 umzusetzen, zumal die Regelsätze ab 01.01.2016 spätestens am 01.11.2015 bekannt zu geben waren. In diesem Fall erfolge die Anpassung der Regelsätze gemäß § 20 Abs. 5 SGB II i.V.m. § 28a Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) anhand der Preisentwicklung in den Ausgabepositionen der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen (70%) und der Entwicklung der Nettolöhne (30%). Dies habe das BVerfG in der vom Kläger zitierten Entscheidung ausdrücklich als Verfahren zur Anpassung der Regelsätze gebilligt. Dem Kläger seien seine Leistungen unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber ab 01.01.2016 festgelegten Regelleistungen bewilligt worden. Es gäbe keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese Regelsätze evident zu niedrig seien. Auf die Einzelheiten der Entscheidung wird verwiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 13.09.2016 unter Wiederholung seines Vortrages Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Er meint, in seinen Grundrechten verletzt zu sein und zwar insbesondere in seinem Grundrecht auf Gewährung existenzsichernder Leistungen. Gleichzeitig beantragt er, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Der Beklagte verweist auf die Ausführungen des Sozialgerichts.
II.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 01.08.2016 ist gemäß § 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt und nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG). Das ist hier der Fall, da sich die Klage auf monatlich weitere 87,00 EUR für die Monate Februar bis Juli 2016, folglich auf lediglich sechs Monate und danach auf einen Gesamtbetrag von 522,00 EUR richtet.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Berufung ist nicht gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des §§ 144 Abs. 2 Nrn. 1-3 SGG erfüllt sind. Danach ist die Berufung nur zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt...