Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe

 

Orientierungssatz

1. Ein formgerechter Antrag auf Bewilligung von PKH setzt voraus, dass eine vollständige, übersichtliche und ordnungsgemäße Erklärung des Antragstellers über dessen wirtschaftliche und persönliche Verhältnisse unter Verwendung des amtlichen Vordrucks nebst entsprechenden aussagekräftigen Belegen vorliegt, die eine Prüfung des Gerichts ohne weitere Nachfragen ermöglicht.

2. Mit der Vorlage des vollständigen Antrags und der entsprechenden Belege hat der Antragsteller das ihm Mögliche getan. Die zeitliche Verzögerung, die sich aus der Anhörung des Gegners und der Bearbeitung durch das Gericht ergibt, darf nicht zu seinen Lasten gehen. Dann ist eine Rückbeziehung der Wirksamkeit der PKH-Bewilligung auf den Zeitpunkt der Antragstellung gerechtfertigt.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27.08.2007 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 30.04.2007, eingegangen beim Sozialgericht (SG) am 07.05.2007, hat der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, Klage mit dem Begehren erhoben, die Beklagte zur Gewährung einer Förderung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu verurteilen. Er hat vorgetragen, dass er als Schwerbehinderter in eine sog. Reha-Werkstatt integriert sei. Seit dem 01.09.2005 nehme er an einer Maßnahme in den Reha-Betrieben teil. Er wende sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben durch den Bescheid vom 21.11.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2007 mit Wirkung ab dem 21.11.2006. Die vorgelegte Prozessvollmacht datiert vom 23.04.2007.

In der Klageschrift hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Der Klageschrift ist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisses des Klägers nicht beigefügt gewesen. Mit Schreiben vom 16.05.2007, eingegangen beim SG am 24.05.2007, hat der Bevollmächtigte eine Erklärung des Klägers über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisses unter Verwendung des amtlichen Vordrucks übersandt. In der Erklärung hat der Kläger die Frage, ob er Einkommen erziele, verneint, und angegeben, dass er von der Grundsicherung lebe. Die Höhe der Leistungen hat er nicht angegeben. Angaben zu den Punkten G bis J im Vordruck hat der Kläger unterlassen. Die Erklärung hat der Kläger am 03.05.2007 unterschrieben. Der Erklärung ist ein Bescheid über den Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) nicht beigefügt gewesen.

Das Prozesskostenhilfeheft ist dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mit der Bitte um Entscheidung am 24.05.2007 vorgelegt worden. Nach der Zustellung einer Ladung zu einem für den 02.11.2007 anberaumten Erörterungstermin am 15.08.2007 hat der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 15.08.2007 an die Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrages erinnert.

Am 22.08.2007 ist beim SG eine Kopie des Bescheides über die Gewährung von laufenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) an den Kläger für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.10.2007 eingegangen. Unter dem 23.08.2007 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle festgestellt, dass aufgrund des vorlegten Bescheides der Stadt C die Bedürftigkeit des Klägers hinreichend nachgewiesen sei. Durch Beschluss vom 27.08.2007 hat das SG Köln dem Kläger Prozesskostenhilfe ab dem 22.08.2007 bewilligt und den Bevollmächtigten beigeordnet. Daraufhin hat der Bevollmächtigte von der Staatskasse einen Vorschuss in Höhe von 321,30 EUR unter Zugrundelegung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG von 250,00 EUR nach § 47 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) angefordert. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat den Vorschuss auf 142,80 EUR festgesetzt. Er hat ausgeführt, die Verfahrensgebühr sei nach Nr. 3103 VV RVG zu bemessen. Da dem Kläger Prozesskostenhilfe erst ab dem 22.08.2007 bewilligt worden sei, werde die bisherige anwaltliche Tätigkeit durch den Bewilligungszeitraum nicht erfasst. Die Verfahrensgebühr sei daher mit einem Wert zwischen Mindest- und Mittelgebühr in Höhe von 100,00 EUR festgesetzt worden. Hiergegen hat der Kläger Erinnerung eingelegt. Im Erörterungstermin am 02.11.2007 hat der Kläger die Klage zurückgenommen.

Am 21.09.2007 hat der Kläger gegen den Beschluss vom 27.08.2007 Beschwerde mit dem Begehren eingelegt, ihm ab dem 30.04.2007 bzw. ab Eingang der Klage Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Er trägt vor, der Zeitpunkt der Bewilligungsreife liege mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sei vorgelegt worden. Aus dem Vortrag in der Klageschrift ergäben sich schon seine wirtschaftlichen Verhältnisse. Nachdem das SG telefonisch die Vorlage des Bescheides über die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung angefordert gehabt habe, habe sein Bevollmächtigter unverzüglich den Bescheid am 22.08...

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