Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen des Anfalls der Erledigungsgebühr
Orientierungssatz
Der Gebührentatbestand der Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 i. V. m. Nr. 1002 VV RVG ist nur dann erfüllt, wenn eine über die bloße Verfahrenshandlung hinausgehende qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Beendigung des Rechtsstreits gegeben ist. Mit dieser Gebühr soll eine streitvermeidende und gerichtsentlastende Tätigkeit gefördert und entlohnt werden. Die bloße Abgabe einer prozessbeendenden Erklärung im Termin ist bereits durch die Terminsgebühr als Tätigkeitsgebühr abgegolten. Auch mehrfache Telefonate mit der Widerspruchsbehörde oder eine erneute Beratung mit dem Kläger im Rahmen einer Terminsunterbrechung gehören zur üblichen Tätigkeit eines Bevollmächtigten und sind mit der allgemeinen Verfahrensgebühr abgegolten.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 14.06.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der im Rahmen von Prozesskostenhilfe aus der Landeskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -) für ein Klageverfahren (S 21 AS 859/11 SG Aachen). In diesem Verfahren war die Höhe der nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II zu bewilligenden Leistungen im Streit.
Das Klageverfahren, in dem der Beschwerdeführer mit Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 14.11.2011 im Wege der bewilligten Prozesskostenhilfe beigeordnet wurde, endete durch übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten im Termin vom 03.02.2012.
Mit Kostenrechnung vom 22.02.2012 beantragte der Beschwerdeführer, die ihm aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen wie folgt festzusetzen:
Verfahrensgebühr gemäß Ziffer 3103 VV-RVG 190,00 EUR
60 v.H. Erhöhungsgebühr nach Ziffer 1008 VV-RVG 114,00 EUR
Terminsgebühr gemäß Ziffer 3106 VV-RVG 220,00 EUR
Erledigungsgebühr gemäß Ziffer 1006 VV-RVG 190,00 EUR
Abwesenheitsgeld gemäß Ziffer 7005 VV-RVG 20,00 EUR
Fahrtkosten gemäß Ziffer 7003 VV-RVG 10,20 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Ziffer 7001 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 764,20 EUR
19 v.H. Umsatzsteuer gemäß Ziffer 7008 VV-RVG 145,20 EUR
Endsumme 909,40 EUR.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die zu erstattende Vergütung auf 692,40 EUR fest. Die Erledigungsgebühr nach Ziffer 1006 VV-RVG sei abgesetzt worden, weil sie nicht entstanden sei. Die Voraussetzungen für deren Entstehung lägen nicht vor, da es an einer entsprechenden Mitwirkungshandlung des Anwalts fehle. Der Rechtsstreit sei durch Anerkenntnis erledigt worden, nachdem das Gericht einen ausführlichen Hinweis zur Sache abgegeben habe. In der Annahme eines Anerkenntnisses liege keine besondere Mühewaltung des Bevollmächtigten.
Hiergegen richtete sich die Erinnerung des Beschwerdeführers vom 02.04.2012. Entgegen der Auffassung des Gerichts sei eine Erledigungsgebühr angefallen. Das Gericht verkenne, dass die Klägerin aufgrund der durch den Beschwerdeführer abgegebenen Erledigungserklärung auf einen Teil der ihr möglicherweise zustehenden Leistungen verzichtet habe. Dadurch sei es zu einer unstreitigen Erledigung des Verfahrens gekommen, die auf der Mitwirkung des Beschwerdeführers beruhe.
Der Beschwerdegegner vertrat die Auffassung, die streitige Gebühr sei nicht angefallen, da die bloße Mitwirkung bei der formellen Beendigung eines Verfahrens für die Entstehung einer Erledigungsgebühr nicht ausreiche. Allerdings habe das Sozialgericht die Umsatzsteuer irrtümlich nicht angepasst. Dies erfolgte sodann mit Änderungsbeschluss vom 26.04.2012, in dem die zu erstattenden Gebühren auf 683,30 EUR festgesetzt wurden.
Mit Beschluss vom 14.06.2012 hat das Sozialgericht Aachen die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Die streitige Gebühr sei nicht angefallen, da es an einer qualifizierten Mitwirkungshandlung fehle. Die Mitwirkung des Beschwerdeführers erschöpfe sich in einer Tätigkeit, die von der allgemeinen Verfahrensgebühr mit umfasst werde und damit abgegolten sei. Das gelte auch für die Besprechung des Beschwerdeführers mit der Klägerin im Rahmen der Unterbrechung des Erörterungstermins. Ein Bevollmächtigter sei gegenüber seinem Mandanten verpflichtet, das Verfahren gewissenhaft, sorgfältig und gründlich zu betreiben. Der Umfang und die Schwierigkeit dieses anwaltlichen Handelns könne bei der Festsetzung der Höhe der Verfahrensgebühr berücksichtigt werden. Auch das Einlenken des Beklagten aufgrund schriftlicher oder mündlicher Ausführungen des Rechtsanwalts im Verfahren, das darauf abziele, eine für den Mandanten günstigere Entscheidung herbeizuführen, genüge nicht für den Anfall der Gebühr (BSG, Urteil vom 05.05.2009 - B 13 R 137/08 R -).
Gegen den dem Beschwerdeführer am 20.06.2012 zugestellten Beschluss richtet sich seine Beschwerde vom 03.07.2012. Zum Nachweis des Entstehens der Erledigungsgebühr wer...