Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels gegen einen Beitragsbescheid

 

Orientierungssatz

1. Bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen entfällt nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage. Nur wenn der ergangene Bescheid bereits nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtswidrig ist, besteht kein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehbarkeit. In diesem Fall ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen.

2. Der prüfende Träger der Rentenversicherung kann den Sozialversicherungsbeitrag nach § 28f Abs. 2 S. 1 SGB 4 von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen von S. 2 ist die Schätzung zulässig.

3. Die Beweislast hinsichtlich des Abweichens vom Regelfall einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Form von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen trifft den Arbeitgeber.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 24. September 2007 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20.717,06 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller (ASt.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aussetzung der Vollziehung eines Bescheides der Antragsgegnerin (AG'in) vom 15.03.2007.

In der Zeit von März 1994 bis März 2006 betrieb der ASt. in L die Gaststätte "S" sowie von April 2004 bis April 2005 eine Snack-Bar unter dem Namen "T". Aufgrund eines anonymen Hinweises führten Bedienstete des Hauptzollamtes L, Standort C, am 19.08.2004 in den Räumlichkeiten der Café-Snack-Bar eine Außenprüfung gemäß §§ 2 ff. des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, Bundesgesetzblatt ( BGBl) I 2003, S. 2848) durch. Hierbei wurden die Räumlichkeiten des ASt. durchsucht und u. a. der ASt. befragt. Im Rahmen der Überprüfung wurden vor Ort u. a. auch Stundenaufzeichnungen auf einem Terminkalender des ASt. vorgefunden und beschlagnahmt. Aufgrund der Auswertung dieser Unterlagen kam die AG'in zu der Erkenntnis, dass der ASt. offensichtlich eine nicht konkret ermittelte Anzahl von Beschäftigten in seinen gastronomischen Einrichtungen eingesetzt habe. Daraufhin wurden in den Wohn- und Geschäftsräumen des ASt. erneut Durchsuchungen vorgenommen, wobei weiteres Beweismaterial sichergestellt wurde. Der ASt. wurde anschließend auch als Beschuldigter vernommen. Dabei machte er konkrete Angaben zu den Geschäftsabläufen sowohl in der Café-Snack-Bar als auch in der Gaststätte "S".

Nach Anhörung des ASt. machte die AG'in sodann mit Bescheid vom 15.03.2007 eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 215.988,64 EUR geltend. In dieser Summe waren für den Zeitraum vom 16.02.1999 bis zum 28.12.2006 Säumniszuschläge in Höhe von 70.080,- EUR enthalten. Zur Begründung führte die AG'in aus, dass die Auswertung der Beweismittel, insbesondere der Stundenaufzeichnungen, der Vernehmungsniederschrift sowie ein Abgleich mit den vorliegenden tatsächlichen Arbeitnehmermeldungen zur Sozialversicherung ergeben habe, dass der ASt. offensichtlich eine bislang unbekannte Anzahl von namentlich nicht mehr ermittelbaren Arbeitnehmern in dem genannten Zeitraum beschäftigt habe. Er habe diese Personen bei den zuständigen Einzugsstellen nicht gemeldet und Lohnunterlagen für diese nicht geführt bzw. die gemeldeten Arbeitnehmer in weit größerem Umfang beschäftigt, als er es in seinen Meldungen zur Sozialversicherung angegeben habe. Aus den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Viertes Buch (SGB IV) ergebe sich jedoch, dass für jeden Beschäftigten getrennt nach Kalenderjahren Lohnunterlagen zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren seien. Die Aufbewahrungspflicht umfasse auch die Lohnunterlagen derjenigen Beschäftigten, für die keine Beiträge gezahlt worden seien. Da der ASt. dies nicht befolgt und keine vollständigen und ordnungsgemäßen Lohnaufzeichnungen geführt habe, seien die Personalien der Beschäftigten nicht bekannt. Der Gesamtlohnaufwand für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge habe vorerst auf der Basis von Vollzeitstellen geschätzt werden müssen. Der Schätzung seien die jährlichen Öffnungszeiten sowohl der Café-Snack-Bar als auch der Gaststätte "S" zugrunde gelegt worden, multipliziert mit den Stundenlöhnen und gegebenenfalls vermindert um die zur Sozialversicherung gemeldeten (Brutto-)Entgelte der offiziell beschäftigten und angemeldeten Arbeitnehmer. Die AG'in führte im Einzelnen au...

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