Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Höhe der Verfahrensgebühr. Untätigkeitsklage. anwaltlicher Arbeitsaufwand
Orientierungssatz
Im Falle einer Untätigkeitsklage gem § 88 SGG kommt aufgrund des eingeschränkten Streitgegenstandes und des mit ihr verbundenen, gegenüber einem "normalen" Hauptsacheverfahren regelmäßig unterdurchschnittlichen anwaltlichen Arbeitsaufwandes regelmäßig auch nur eine unter der Mittelgebühr angesiedelte Gebühr in Betracht.
2.Es ist zutreffend, bei einer Untätigkeitsklage grundsätzlich von einer geringeren Bedeutung der Angelegenheit als bei Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklagen auszugehen, nicht jedoch sachgerecht, Untätigkeitsklagen stets und ausnahmslos eine nur geringe (bzw geringste) Bedeutung zuzumessen (vgl LSG Essen vom 18.3.2009 - L 7 B 214/08 AS).
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 30.06.2009 geändert. Die zu erstattenden Kosten werden auf 172,55 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Streitig ist die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen der durch das Sozialgericht (SG) Dortmund für ein Klageverfahren bewilligten Prozesskostenhilfe.
Am 02.03.2009 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Untätigkeitsklage vor dem SG und begehrte die Verurteilung der damaligen beklagten Arbeitsgemeinschaft (ab 01.01.2011 ist das Jobcenter als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen Arbeitsgemeinschaft getreten), über seinen mit Schreiben vom 20.11.2008 eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.11.2008 zu entscheiden. Mit Bescheid vom 06.11.2008 hatte der Beklagte aufgrund eines stationären Aufenthalts des Klägers Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 31.07.2008 bis 28.01.2009 unter Anrechnung von monatlich 92,85 Euro als sonstiges Einkommen bewilligt. In der Klageerwiderung vom 16.03.2009 wies der Beklagte darauf hin, dass dem Widerspruch bereits mit Bescheid vom 24.01.2009 vollumfänglich abgeholfen worden sei und fügte diesen Bescheid zur Kenntnisnahme bei. Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 31.03.2009 die Untätigkeitsklage für erledigt. Er wies darauf hin, dass weder dem Kläger noch ihm der nunmehr vorgelegte Änderungsbescheid vom 24.01.2009 zugegangen sei.
Durch Beschluss vom 02.04.2009 bewilligte das SG dem Kläger für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt L.
Der Beschwerdeführer beantragte unter dem 27.04.2009 die Festsetzung folgender Gebühren:
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG: 170,00 Euro
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG: 200,00 Euro
Pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 Euro
Summe: 390,00 Euro
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 74,10 Euro
Summe: 464,10 Euro.
Am 18.05.2009 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die erstattungsfähigen Gebühren und Auslagen wie folgt fest:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG: 83,00 Euro
Post- und Telekommunikation: 16,60 Euro
Summe: 99,60 Euro
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 18,92 Euro
Summe: 118,52 Euro
Zur Begründung führte er aus, dass bei einer Klage wegen Untätigkeit regelmäßig ein Abschlag auf die Gebühr vorzunehmen sei. Es werde 1/3 der sog. Mittelgebühr nach Nr. 3102 VV RVG (83,00 Euro) als angemessen erachtet; eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG komme nicht in Betracht, weil bei einer Klage wegen Untätigkeit kein materielles Recht zu prüfen sei.
Gegen die Festsetzung legte der Beschwerdeführer am 24.06.2009 Erinnerung ein. Nachdem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, hat das SG mit Beschluss vom 30.06.2009 die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 118,52 Euro festgesetzt.
Gegen den ihm am 04.07.2009 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 07.07.2009 Beschwerde erhoben. Er ist der Auffassung, dass die zu erstattenden Kosten mit 118,52 Euro nur unzureichend festgesetzt worden seien. Es habe sich um einen mindestens durchschnittlichen Fall gehandelt, der die Ansetzung der angemeldeten Mittelgebühr (170,00 Euro) rechtfertige.
Der Beschwerdegegner ist der Auffassung, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Beschluss keinesfalls beschwert sei. Unter Berücksichtigung des Beschlusses des LSG NRW vom 05.05.2008 (L 19 B 24/08 AS) sei eine Verfahrensgebühr VV 3102 RVG in Höhe von 80,00 Euro zuzüglich Pauschale (VV 7002 RVG) in Höhe von 16,00 Euro (20% der Verfahrensgebühr) sowie der Umsatzsteuer von 18,24 Euro, insgesamt 114,24 Euro festzusetzen.
II. Das Landessozialgericht entscheidet über die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung durch den Senat gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Das Rubrum war von Amts wegen zu korrigieren. Antragsteller und Beschwerdeführer ist in Verfahren, die die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung bei ge...