Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Personenidentität von Prozessbevollmächtigtem und gesetzlichem Betreuer. Abgrenzung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit. Erinnerungs- und Beschwerdebefugnis. Erledigungsgebühr. Umsetzung eines Vergleichs. Betreuertätigkeit. Krankheitsbedingt mangelhafte Mitwirkung des Mandanten
Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit einer Rechtsanwältin, die gleichzeitig zur Betreuerin des Klägers mit dem Aufgabenkreis Wahrnehmung der Vermögensangelegenheiten, Wohnungsangelegenheiten und Behördenangelegenheiten bestellt ist, bei der Höhe der Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung.
Orientierungssatz
1. Die Festsetzung der dem Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung erfolgt nach § 55 Abs 1 S 1 RVG nur auf Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts. Erinnerungs- und damit auch beschwerdebefugt ist dementsprechend nach § 56 Abs 1 S 1 RVG allein der Rechtsanwalt.
2. Hat der Verfahrensgegner in Umsetzung eines Vergleichs einen entsprechenden Bescheid erlassen, führt dies nicht zu einer zusätzlich zur Einigung zu vergütenden Erledigung im gerichtlichen Verfahren iS von Nr 1006 RVG-VV.
Normenkette
RVG §§ 14, 33 Abs. 3, § 55 Abs. 1 S. 1, § 56 Abs. 1 S. 1; VV RVG Nr. 1006
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Detmold vom 08.11.2016 wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Detmold vom 08.11.2016 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I. Die Beschwerde des Antragstellers, in dessen Namen die Beschwerdeführerin ebenfalls das Rechtsmittel eingelegt hat, ist bereits unstatthaft und damit als unzulässig zu verwerfen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.05.2015 - L 20 SO 466/14 B -, juris Rn. 29). Denn ihm fehlt die Beschwerdebefugnis. Die Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erfolgt nur auf Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts (§ 55 Abs. 1 S. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -). Erinnerungs- und damit auch beschwerdebefugt ist dementsprechend nach § 56 Abs. 1 S. 1 RVG allein der Rechtsanwalt (vgl. Hartung in Hartung/Schons/Enders, RVG, 2. Auflage 2013, § 56 Rn. 29; Hartmann, Kostengesetze, 45. Auflage 2015, § 55 und § 56 jeweils Rn. 4).
II. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist nach § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Beschwerdegegenstand (d.h. die Differenz zwischen der mit 737,80 EUR festgesetzten und der mit der Beschwerde i.H.v. 1.987,30 EUR geltend gemachten Vergütung) übersteigt den Betrag von 200,00 EUR. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses (§ 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG) ist eingehalten. Eine Nichtabhilfeentscheidung des Sozialgerichts (§ 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 1 RVG) liegt vor.
III. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist jedoch unbegründet.
Der Senat nimmt nach eigener Prüfung und Überzeugungsbildung Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.09.2015 und im angefochtenen Beschluss vom 08.11.2016 (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und weist lediglich ergänzend auf Folgendes hin:
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine der Beschwerdeführerin günstigere Entscheidung zu rechtfertigen.
1. Nicht nachvollziehbar sind zunächst die Ausführungen zur Einigungs- und Erledigungsgebühr. Diese sind vorliegend nicht zusammen angefallen. Vielmehr berücksichtigt der Kostenfestsetzungsbeschluss zutreffend nur die Einigungsgebühr. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 01.07.2015 ist auf den Widerspruch des Antragstellers vom 04.07.2015 hin nicht - wie die Beschwerdeführerin vorgetragen hat - aufgehoben worden. Vielmehr hat die Antragsgegnerin in Umsetzung des Vergleiches den Bescheid vom 22.10.2015 erlassen, den die Beschwerdeführerin ausweislich ihrer Rechnung vom 31.10.2015 als Abhilfebescheid aufgefasst hat. Eine zusätzlich zur Einigung zu vergütende Erledigung im gerichtlichen Verfahren i. S. v. Ziffer 1006 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vermag der Senat darin nicht zu erkennen.
2. Das Beschwerdevorbringen vermischt zudem die Tätigkeiten der Beschwerdeführerin als Betreuerin und als Bevollmächtigte, obwohl im Rahmen der gesetzlichen Betreuung zu leistende Tätigkeiten nicht nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz berücksichtigungsfähig sind. Bezugspunkt für die Gebührenfestsetzung gemäß § 14 RVG ist allein die anwaltliche Tätigkeit (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R -, juris Rn. 29). Die Beschwerdeführerin ist hier sowohl Prozessbevollmächtigte als auch gesetzliche Vertreterin des Antragstellers, so dass der auf die Betreuertätigkeit entfallende Aufwand nicht gebührensteigernd berücksichtigt werd...