Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Anrechnung eines erhaltenen Vorschusses bzw einer Bearbeitungsgebühr für die Stellung eines Prozesskostenhilfeantrags auf die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Erinnerungsentscheidung des SG. Vergütungsvereinbarung
Orientierungssatz
1. Vereinbarungen zwischen dem Rechtsanwalt und dem Beteiligten, die darauf hinauslaufen, die Anrechnungspflicht von Zahlungen an den Anwalt zulasten der Staatskasse auszuschließen, sind sittenwidrig und darum für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unbeachtlich.
2. Das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung nach § 56 RVG ist nicht durch § 178 SGG oder § 197 Abs 2 SGG ausgeschlossen.
Normenkette
RVG § 58 Abs. 2, § 1 Abs. 3, § 3a Abs. 3 S. 1, § 16 Nr. 2
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.10.2014 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe, der im Rahmen der Beiordnung des Beschwerdeführers im Rahmen der Prozesskostenhilfe aus der Landeskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen.
Der Beschwerdeführer war dem Kläger mit Beschluss des Sozialgerichts vom 30.11.2010 im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden. Mit Kostenliquidation vom 01.08.2011 machte der Beschwerdeführer Gebühren und Auslagen i.H.v. 559,30 EUR unter Berücksichtigung einer Verfahrensgebühr nach VV RVG Nr. 3102 i.H.v. 250,00 EUR sowie eine Terminsgebühr nach VV RVG Nr. 3106 von 200,00 EUR geltend. Er erklärte, Vorschüsse und sonstige Zahlungen (§ 9 RVG) seien nicht vereinnahmt worden.
Auf Nachfrage des Sozialgerichts (veranlasst durch ein Schreiben der gesetzlichen Vertreterin des Klägers vom 05.05.2011, in dem auf die Zahlung von 60 EUR hingewiesen worden war) erklärte der Beschwerdeführer, ihm sei ein Betrag von 60,00 EUR vom Kläger nicht für die Fertigung der Klage, sondern für die Stellung des Prozesskostenhilfeantrags gezahlt worden. Daher sei diese Zahlung nicht anzurechnen.
Mit Beschluss vom 27.09.2011 setzte der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 499,30 EUR fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, die von dem Kläger gezahlten Kosten i.H.v. 60 EUR seien anzurechnen. Die Stellung des Prozesskostenhilfeantrages begründe keinen gesonderten Gebührenanspruch. Diese Tätigkeit sei mit der Verfahrensgebühr abgegolten.
Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Erinnerung vom 14.10.2011 legte der Beschwerdeführer eine Vergütungsvereinbarung vom 14.10.2010 vor. In deren § 2 verpflichtet sich der Auftraggeber für die Erledigung dieser auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerichteten Tätigkeit zur Zahlung einer einmaligen pauschalen Gebühr von 60,00 EUR (inklusive Mehrwertsteuer).
Weiter ist ausgeführt in § 3 der Vergütungsvereinbarung:
"Der Auftraggeber ist darüber informiert, dass diese Bearbeitungsgebühr unabhängig davon erhoben wird, ob die beantragte Prozesskostenhilfe in der Folge bewilligt oder abgelehnt wird. Er ist weiter darüber informiert, dass eine Verrechnung dieser Gebühr mit anderen Gebühren, die gegebenenfalls im Verlauf der Mandatsbearbeitung zulasten des Auftraggebers anfallen, nicht stattfindet."
Der Beschwerdeführer vertrat die Auffassung, diese Vergütungsvereinbarung berühre den Gebührenanspruch der Verfahrensgebühr nicht.
Mit Beschluss vom 14.10.2014 hat das Sozialgericht die Kostenfestsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bestätigt und die Erinnerung zurückgewiesen. Ein Betrag von 60,00 EUR sei auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Die Zahlung sei als Vorschuss zu qualifizieren, der naturgemäß auf den zulässigen Honoraranspruch gemäß dem RVG, konkret auf die Verfahrensgebühr, anzurechnen sei. Eine Gebühr für das Stellen eines Prozesskostenhilfeantrags sehe das RVG nicht vor. Die Zulässigkeit einer gesonderten Honorarvereinbarung über eine zusätzliche Vergütung würde dem Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe entgegen laufen. Sie hätte darüber hinaus die Wirkung eines (unzulässigen) Vertrages zulasten Dritter, hier zulasten der Landeskasse.
Zur Begründung seiner dagegen gerichteten Beschwerde vom 03.11.2014, mit der der Beschwerdeführer die Festsetzung der zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 559,30 EUR begehrt, wird ausgeführt: Bei dem Betrag von 60,00 EUR, den der Kläger an den Beschwerdeführer gezahlt habe, handele es sich nicht um einen Vorschussbetrag. Vielmehr sei die Zahlung aufgrund einer zwischen Auftraggeber und Rechtsanwälten vorab abgeschlossen Vergütungsvereinbarung erfolgt. Diese Vergütungsvereinbarung beziehe sich ausschließlich auf die Abgeltung der Tätigkeit, die mit der vollständigen Zusammenstellung der zur Beantragung der Prozesskostenhilfe erforderlichen Formular- und sonstigen Nachweisunterlagen verbunden gewesen sei. Diese Tätigkeit sei nicht selten mit einem ganz erheblichen Sach- und Personalaufwand verbunden. Viel...