Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von einstweiligem Rechtsschutz gegen die Aufforderung des Grundsicherungsträgers zur Rentenantragstellung
Orientierungssatz
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Eilverfahren nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG fehlt, wenn die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage nicht erforderlich ist, um Rechte des Antragstellers zu wahren, mithin die Inanspruchnahme des Gerichts überflüssig ist.
2. Die Nichtstellung eines Rentenantrags durch den SGB 2-Leistungsberechtigten hat für den Grundsicherungsträger keine unmittelbaren leistungsrechtlichen Konsequenzen. Dieser ist bei Verweigerung einer Rentenantragstellung weder befugt, Leistungen wegen fehlender Hilfebedürftigkeit abzulehnen, noch Leistungen wegen fehlender Mitwirkung zu versagen.
3. Die Aufforderung zur Rentenantragstellung ist lediglich Voraussetzung dafür, dass der Leistungsträger berechtigt ist, gemäß § 5 Abs. 3 SGB 2 selbst den Rentenantrag zu stellen. Hieraus resultiert jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis des Leistungsberechtigten für einstweiligen Rechtsschutz bereits gegen die Aufforderung zur Rentenantragstellung.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 07.04.2015 geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 12.03.2015 gegen den Bescheid vom 10.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Aufforderung zur Rentenantragstellung.
Die am 00.00.1951 geborene Antragstellerin bezieht von dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 10.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, eine vorzeitige Altersrente beim Rentenversicherungsträger zu beantragen. Hiergegen hat die Antragstellerin am 12.03.2015 beim Sozialgericht Dortmund im Verfahren S 27 AS 1068/15 Klage erhoben. Der Antragsgegner hat mittlerweile gem. § 5 Abs. 3 SGB II den Rentenantrag selbst gestellt, eine Rentenbewilligung ist noch nicht erfolgt.
Am 12.03.2015 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 10.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 anzuordnen. Mit Beschluss vom 07.04.2015 hat das Sozialgericht dem Antrag stattgegeben. Die Aufforderung zur Rentenantragstellung stelle sich nach summarischer Prüfung wegen fehlerhafter Ermessensausübung als rechtswidrig dar.
Gegen diese am 13.04.2015 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 08.05.2014 erhobene Beschwerde des Antragsgegners.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage angeordnet.
Der Antrag ist zwar als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr 2 SGG statthaft, da es sich bei der Aufforderung zur Rentenantragstellung um einen die Antragstellerin belastenden Verwaltungsakt handelt, der mit der Anfechtungsklage angefochten wird (BSG, Beschluss vom 16.12.2011 - B 14 AS 138/11 B; Urteil des Senats vom 04.12.2014 - L 7 AS 1775/14), die keine aufschiebende Wirkung hat (§ 39 Nr. 3 SGB II). Dem Antrag fehlt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis.
Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Eilverfahren nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG fehlt, wenn die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage nicht erforderlich ist, um Rechte des Antragstellers zu wahren, die Inanspruchnahme des Gerichts mithin überflüssig wäre (zum Rechtsschutzbedürfnis im Verfahren nach § 86b SGG allgemein Werhahn, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 86b Rn. 18 f; Hessisches LSG, Beschluss vom 12.06.2014 - L 1 KR 150/14 B ER). Dies ist hier der Fall. Der Antragstellerin droht kein nicht wiedergutzumachender Rechtsverlust, wenn die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage nicht angeordnet wird.
Die Nichtstellung eines Rentenantrags hat für die Antragstellerin keine unmittelbaren leistungsrechtlichen Konsequenzen. Der Antragsgegner ist bei Verweigerung einer Rentenantragstellung weder befugt, Leistungen wegen fehlender Hilfebedürftigkeit abzulehnen (hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.04.2014 - L 32 AS 623/14 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.04.2012 - L 19 AS 544/12 B ER), noch Leistungen wegen fehlender Mitwirkung zu versagen (hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.02.2014 - L 19 AS 54/14 B ER; Beschluss des Senats vom 09.02.2015 - L 7 AS 1812/14 B ER).
Allerdings ist die Aufforderung zur Rentenantragstellung Voraussetzung dafür, dass der Leistungsträger berechtigt ist, gem. § 5 Abs. 3 SGB II selbst den Rentenantrag zu stellen (vergl. nur Knickrehm/Hahn, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. § 5 Rn. 32). Hieraus resultiert jedoch kein Rechtsschutzbedürfn...