Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Bei der Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten i. S. von § 63 Abs. 2 SGB 10 kommt es darauf an, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwalts bedienen würde. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten ist dann als notwendig anzusehen, wenn es dem Beteiligten bei Beurteilung ex ante, also im Zeitpunkt der Auftragserteilung nicht zugemutet werden kann, das Verfahren selbst zu führen.

2. Macht der Kläger im gerichtlichen Verfahren die Übernahme eines bestimmten Kostenbetrags durch die Behörde geltend, so bedarf es hierzu einer vorherigen ausdrücklichen Kostengrundentscheidung der Behörde. Eine Feststellung, dass Verwaltungskosten für das Verfahren nicht angefallen seien, genügt insoweit nicht.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 10.10.2011 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe.

Die am 00.00.1963 geborene Klägerin stellte im September 2010 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalte nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Ausweislich der Verwaltungsakte wandte sich die Klägerin erstmalig mit Schreiben vom 09.09.2010 an die Beklagte und bat - unter Hinweis auf eine persönliche Vorsprache am 02.09.2010 - um die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Das Schreiben ging am 10.09.2010 bei der Beklagten ein. Nach Vorlage der fehlenden Antragsunterlagen bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 05.10.2010 der Klägerin vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 10.09.2010 bis zum 28.02.2011. Am 13.10.2010 legte die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Widerspruch gegen den Bescheid mit der Begründung ein, die Antragstellung sei bereits am 02.09.2010 erfolgt. Die Klägerin habe zu diesem Zeitpunkt in Begleitung eines Zeugen die Beklagte aufgesucht.

Am 18.10.2011 erließ die Beklagte auf den Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.10.2010 einen Abhilfebescheid mit folgendem Tenor:

1. Dem Widerspruch wird abgeholfen.

2. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten wird für nicht notwendig erklärt.

3. Verwaltungskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Sie führte weiter aus, der Leistungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 02.09.2010 bis 09.09.2010 in Höhe von 73,85 EUR werde überwiesen.

Mit Schreiben vom 28.10.2010 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Abhilfebescheid ein, da dieser die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nicht für notwendig erkläre. Darüber hinaus sehe sie der Erteilung eines endgültigen Bescheids entgegen, da der Bescheid vom 05.10.2010 mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen war.

Am 15.11.2010 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten bezüglich des Widerspruchs vom 12.10.2010 gegen den Bewilligungsbescheid über Leistungen nach dem SGB II vom 05.10.2010 für notwendig zu erklären sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 309,40 EUR zu übernehmen und ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 10.10.2011 hat das Sozialgericht Duisburg den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt N abgelehnt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.

Hiergegen hat die Klägerin am 28.10.2011 beim Sozialgericht Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, die Ablehnung der Prozesskostenhilfe sei rechtswidrig.

Sie beantragt,

ihr unter Aufhebung des Beschlusses vom 10.10.2011 Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen. Es habe sich um einen einfachen Sachverhalt gehandelt, für den die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nicht erforderlich gewesen wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Prozesskostenhilfe steht der Klägerin nach §§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht zu, da die von ihr erhobene Klage nach hier allein möglicher summarischer Prüfung keine hinreichende Erfolgsaussicht hat.

Die Klägerin begehrt zum einen die Verpflichtung der Beklagten, die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten festzustellen. Rechtsgrundlage für eine solche Feststellung ist § 63 Abs. 2 des Zehnten Buch des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). In der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte ist geklärt, dass es bei der Frage der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten darauf ankommt, ob es die Klägerin für erforderlich halten durfte, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werd...

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