Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache

 

Orientierungssatz

1. Die Berufung ist u. a. bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Dazu muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig sein.

2. Die Rechtsfrage, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in Mahngebührfällen als i. S. von § 63 SGB 10 notwendig anzuerkennen ist, ist nicht klärungsbedürftig. Die Rechtsfrage lässt sich nämlich aufgrund der Rechtsprechung des BSG klären. Die Zuziehung ist dann als notwendig anzusehen, wenn es dem Beteiligten bei der Beurteilung ex ante, d. h. im Zeitpunkt der Auftragserteilung, nach den jeweils gegebenen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann, das Verfahren selbst zu führen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.05.2013 - S 49 AS 3601/12 wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Durch Bescheid vom 01.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2010 forderte die Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagter) u. a. vom Kläger einen Betrag in Höhe von 1.113,33 EUR nach § 50 SGB X zurück. In dem anschließenden Verfahren vor dem Sozialgericht Duisburg, S 36 AS 2550/10 schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 20.05.2011 einen Vergleich, wonach der Erstattungsbetrag in monatlichen Raten zu je 50,00 EUR direkt von der Regelleistung einbehalten wird. Die Beteiligten waren sich weiterhin einig, dass die Regelung des § 43 S. 2 SGB II keine Anwendung finden solle.

Mit Schreiben vom 28.12.2011 mahnte die Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen, die Fälligkeit der Erstattungsforderung von 1.113,33 EUR an. Sie setzte Mahngebühren nach § 19 Abs. 2 VwVG in Höhe von 5,85 EUR fest. Dem Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, wonach gegen die Festsetzung der Mahngebühr der Widerspruch zulässig ist.

Der Kläger, vertreten durch seine Bevollmächtigte, erhob mit Schreiben vom 11.01.2012 Widerspruch. Er trug vor, dass eine Aufrechnung entgegen der Vereinbarung im Vergleich vom 20.05.2011 seitens des Beklagten nicht erfolgt sei. Die fehlende Umsetzung der gerichtlichen Vereinbarung sei von ihm nicht zu vertreten. Da er nicht im Verzug sei, lägen die Voraussetzungen von § 6 ZwVG NRW nicht vor. Am 09.05.2012 erhob der Kläger, vertreten durch seine Bevollmächtigte, Untätigkeitsklage wegen der Nichtbescheidung seines Widerspruches (SG Duisburg, S 49 AS 1924/12). Durch Bescheid vom 20.08.2012 hob der Beklagte die Festsetzung der Mahngebühr auf und erklärte die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für nicht notwendig.

Gegen die Nichtanerkennung der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts legte der Kläger, vertreten durch seine Bevollmächtigte, Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2012 zurückwies.

Am 07.09.2012 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Begehren, den Beklagten unter Abänderung des Abhilfebescheides vom 20.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2012 zu verpflichten, die Hinzuziehung seiner Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

Durch Urteil vom 28.05.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Da einem Widerspruchsführer rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberständen, könne die Notwendigkeit einer Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Widerspruchsverfahren gem. § 63 Abs. 2 SGB X nur ausnahmsweise verneint werden. Es sei davon auszugehen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwaltes regelmäßig erfolge, wenn in Kenntnisstand und Fähigkeit der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht bestehe. Die hier vorliegenden Gesamtumstände rechtfertigten allerdings die Annahme einer Ausnahme. Ein verständiger Bürger mit dem Bildungs- und Erfahrungsstand des Klägers hätte sich vernünftigerweise keines Rechtsanwaltes bedient. Nach seinen individuellen Fähigkeiten sei es dem Kläger zumutbar gewesen, den Widerspruch gegen die Erhebung der Mahngebühr ohne Inanspruchnahme professioneller Hilfe einzulegen und das Missverständnis aufzuklären. Für den Kläger sei es erkennbar gewesen, dass die Festsetzung der Mahngebühr und die Mahnung selbst auf einem Missverständnis beruhten, welches er habe leicht aufklären können. Er habe durch die Angaben in dem Mahnschreiben vom 28.12.2011 gewusst, wegen welcher Forderung die Vollstreckung durch die Regionaldirektion erfolge. Er habe auch Kenntnis von der im Verhandlungstermin im Mai getroffenen Vereinbarung gehabt, wonach der Beklagte die Forderung mit den laufenden Leistungen verrechnen solle und daher die Mahnung grundlos erfolge. Dies sei dem Kläger tatsächlich auch bewusst gewesen, wie er in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt habe. Er sei in dem Mahnbescheid über das zutreffende Rechtsmittel gegen ...

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