Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückverweisung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung wegen nicht durchgeführter Beweisaufnahme zur Hilfebedürftigkeit des Antragstellers
Orientierungssatz
1. Ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann analog § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG an das Sozialgericht zurückverwiesen werden, wenn es an einem wesentlichen Mangel leidet. Diese Vorschrift ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung dessen Besonderheiten entsprechend anwendbar.
2. Auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig. Insbesondere ist überprüfungsbedürftig die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers und, bei einem Ausländer, nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB 2 das Nichteingreifen des Ausschlussgrundes für den Bezug von Leistungen nach § 7 Abs. 4 a SGB 2.
3. Für Wohnungslose muss sichergestellt sein, dass der Hilfesuchende jeden Tag für den Träger der Grundsicherung erreichbar ist. Hierzu ist erforderlich und ausreichend, dass dieser sich täglich bei einer anerkannten Beratungs- und Betreuungseinrichtung melden muss, die sich verpflichtet, dem Grundsicherungsträger mitzuteilen, wenn sich der Hilfesuchende dort nicht mehr meldet.
4. Sind die erforderlichen zweitinstanzlichen Ermittlungen nicht ökonomischer und zeitnäher durchführbar als diejenigen des Sozialgerichts, so ist der Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 13.06.2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Antragsgegner wendet sich gegen seine einstweilige Verpflichtung zur Erbringung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.
Der am 00.00.1987 geborene Antragsteller ist bulgarischer Staatsbürger. Er hält sich seit 2009 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Zusammen mit seinem Vater und einer Schwester bewohnte er in L eine gemeinsame Wohnung bis zu deren Räumung am 16.05.2014. Wo er sich nachfolgend aufgehalten hat und aufhält, geht aus den Akten nicht hervor und ist auch dem Antragsgegner nicht bekannt. Am 17.01.2014 und 28.01.2014 sprach der Antragsteller bei einer Dienststelle des Antragsgegners vor, gab an, bei seinem Vater zu wohnen und bat um Prüfung, ob ihm aufstockend zu seiner bulgarischen Militärrente ein Anspruch nach dem SGB II zustehe. Aufgrund einer per E-Mail übermittelten Bitte des Flüchtlingshilfevereins "B e.V." versandte der Antragsgegner Antragsformulare an den Antragsteller, die mit dem Vermerk "Empfänger nicht zu ermitteln" am 20.02.2014 zurückliefen.
Am 22.05.2014 hat der Antragsteller unter der o.a. Anschrift beim Sozialgericht Köln beantragt, den Antragsgegner zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, hilfsweise die Stadt L zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII einstweilig zu verpflichten. Er sei obdachlos, mittellos und werde teilstationär in der Tagesklinik C behandelt. Anträge des Antragstellers, seines Vaters und seiner Schwester seien ignoriert oder abgelehnt worden. Dem Antrag beigefügt ist ein ärztliches Attest der LVR-Klinik L - C vom 05.05.2014, in dem eine teilstationäre psychiatrische Behandlung wegen paranoider Schizophrenie ab dem 04.04.2014 angegeben wird. Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, dass der Aufenthaltsort des Antragstellers seit der Wohnungsräumung am 16.05.2014 unbekannt sei. Der Antragsteller sei zudem wegen Aufenthalts allein zur Arbeitsuche nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Mit Beschluss vom 13.06.2014 hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 22.05.2014 bis zum 31.08.2014 in Höhe des dem Antragsteller zustehenden Regelbedarfssatzes abzüglich eventueller Einkünfte aus einer "militärischen Rente" zu gewähren. Auf die Begründung wird Bezug genommen.
Gegen den am 16.06.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners vom 11.07.2014. Unabhängig davon, dass der Antragsteller von Leistungen wegen Aufenthalts allein zur Arbeitsuche ausgeschlossen sei, habe das Sozialgericht weder Feststellungen zur Hilfebedürftigkeit noch zum tatsächlichen Aufenthalt des Antragstellers getroffen, obwohl es sich hierzu angesichts des aktenkundigen Sachverhalts hätte gedrängt sehen müssen.
Dem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts hat der Senatsvorsitzende mit Beschluss vom 22.07.2014 stattgegeben.
II.
Die zulässige Beschwerde ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht begründet.
Der Rechtsstreit ist in entsprechender Anwendungen von § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG zurückzuverweisen. Die Vorschrift ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung seiner Besonderheiten entsprechend anwendbar (LSG B...