Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitsuche Unionsbürger. kein anderes Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer oder sorgerechtsausübender Elternteil eines Kindes in Ausbildung
Orientierungssatz
1. Ausländische Staatsangehörige, die über kein Aufenthaltsrecht verfügen oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, sind nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 Buchst a und b SGB 2 von Leistungen nach dem SGB 2 ausgeschlossen.
2. Die Annahme eines Aufenthaltsrechts aufgrund der Eigenschaft als Arbeitnehmer nach § 2 Abs 2 Nr 1 FreizügG (juris: FreizügG/EU 2004) ist ausgeschlossen, wenn es aufgrund der Dauer und der Höhe der Vergütung als vollkommen untergeordnet und unwesentlich angesehen werden muss (vgl EuGH vom 4.2.2010 - C-14/09 = ABl EU 2010, Nr C 80, 4 = ZAR 2010, 112). Dies bestimmt sich nach der Arbeitszeit, der Höhe der Vergütung, dem Anspruch auf bezahlten Urlaub, der Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, der Anwendung des jeweils gültigen Tarifvertrags und der Dauer des Arbeitsverhältnisses.
3. Ist während des gesamten Aufenthaltszeitraumes des ausländischen Staatsangehörigen keine Beschäftigung zu erkennen, die einen Arbeitnehmerstatus vermitteln könnte, so kann sich dieser auch nicht auf ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht aus Art 10 EUV 492/2011 berufen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 05.02.2018 wird bezogen auf den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 05.02.2018 bezogen auf die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts geändert. Den Antragstellern wird zur Durchführung des Verfahrens im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt C aus L zu ihrer Vertretung beigeordnet.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Den Antragstellern wird zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt C aus L zu ihrer Vertretung beigeordnet.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Der am 00.00.1981 geborene Antragsteller zu 1) und die am 00.00.1980 geborene Antragstellerin zu 2) sind verheiratet. Die am 00.00.2000 geborene Antragstellerin zu 3) ist ihre Tochter. Ihre weitere Tochter, die am 00.00.1998 geborene B, lebt mit ihrem am 00.00.2017 geborenen Kind ebenfalls in der Wohnung der Antragsteller.
Bereits von Oktober 2009 bis zum Oktober 2011 hielten sich die Antragstellerinnen zu 2) und 3) in der Bundesrepublik Deutschland auf. Die erneute Einreise der Antragstellerin zu 2) mit ihren beiden Töchtern erfolgte am 01.03.2013. Nach einem Aufenthalt in C bis April 2013 und einem kurzen Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt L wurde die Antragstellerin zu 2) am 14.06.2013 zu einer Geldstrafe von 600 EUR verurteilt. Anschließend verließ die Antragstellerin zu 2) mit ihren beiden Töchtern das Bundesgebiet zu einem unbekannten Zeitpunkt.
Mutmaßlich am 01.02.2014 reisten die Antragsteller gemeinsam wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein und nahmen ihren Wohnsitz in H. Vom dortigen Integrationscenter für Arbeit bezogen sie von Februar 2015 bis September 2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Am 06.01.2016 schloss die Antragstellerin zu 2) mit der G einen Arbeitsvertrag. Darin war eine monatliche Arbeitszeit von 36 Stunden und ein Entgelt von 360 EUR vereinbart. Die Probezeit sollte einen Monat betragen. Es bestehe kein Anspruch auf Urlaub. Am 28.01.2016 überprüfte das Ermittlungsteam des Integrationscenters für Arbeit H die Adresse des Arbeitgebers und stellte fest, dass an der angegebenen Adresse ein Reisebüro und eine Spielhalle vorzufinden seien. Es existiere lediglich ein Briefkasten, auf dem neben anderen Namen auch der der G aufgeführt sei. Mit Schreiben vom 20.04.2016 wurde der Arbeitsvertrag zum 31.05.2016 gekündigt. Außerdem wurde am selben Tag ein Aufhebungsvertrag geschlossen.
Ab September 2016 wohnten die Antragsteller gemeinsam mit der weiteren Tochter und deren Kind in einer ca. 65 m² großen Mietwohnung in L (Grundmiete 350 EUR, Nebenkostenvorauszahlung 125 EUR, Heizkostenvorauszahlung 85 EUR, Vorauszahlung für Warmwassererzeugung 20 EUR).
Mit Verfügung vom 01.09.2016 stellte die Stadt H den Verlust des Rechts der Antragsteller auf Freizügigkeit fest und forderte sie auf, innerhalb eines Monats nach Zustellung der Verfügung das Bundesgebiet zu verlassen. Für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist drohte sie die Abschiebung der Antragsteller nach Rumänien an. Die Stadt H ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Ausweislich der Zustellungsurkunden wurden de...