Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsanspruch. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Nutzung eines Teils der Wohnung als Büro. Anordnungsgrund. Kündigung des Mietverhältnisses
Orientierungssatz
1. Ein Leistungsberechtigter hat auch dann Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten für die gesamte Wohnung, wenn er einen Teil der Wohnung als Büro nutzt und an eine GmbH untervermietet hat, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist. Dies gilt zumindest, solange es sich bei den Büroflächen nicht um von der Wohnung abgrenzbare Flächen handelt.
2. Zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes in Fällen, in denen es um Leistungen für Unterkunft und Heizung geht, wenn bereits eine außerordentliche fristlose Kündigung und hilfsweise eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen wurde.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27.11.2020 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller weitere 799,50 EUR monatlich von Oktober 2020 bis März 2021, längstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, zu zahlen. Der Antragsgegner hat die Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt mit seiner Beschwerde höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ab Oktober 2020.
Der am 00.00.1970 geborene Antragsteller ist Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, die in der Innenstadt von L eine Gaststätte betreibt. Am 03.01.2020 schloss der Antragsteller als Geschäftsführer der GmbH und zugleich als Privatperson einen Wohnungsmietvertrag über eine 71 m² großen Wohnung in der B-Straße 00 in L zu einer monatlichen Gesamtmiete iHv 1.576,50 EUR (1.242,50 EUR Grundmiete, 334 EUR Nebenkostenabschlag) mit Mietbeginn zum 01.02.2020. Am selben Tag schloss die GmbH mit dem Antragsteller einen Untermietvertrag, mit dem die GmbH dem Antragsteller einen Teil der Wohnfläche von 35 m² zu einer monatlichen Miete iHv 777 EUR (612,50 EUR Grundmiete, 150 EUR Nebenkosten, 14,50 EUR Heizkosten) untervermiete.
Aufgrund der Corona-Schutzverordnung Nordrhein-Westfalen ist der Betrieb der GmbH-Gaststätte seit März 2020 untersagt. Der Antragsteller hat bis März 2020 von der GmbH eine Geschäftsführervergütung auf selbständiger Basis iHv monatlich 700 EUR erhalten. Seitdem erhält der Antragsteller kein Einkommen mehr von der GmbH.
Im März 2020 beantragte der Antragsteller erstmalig Leistungen beim Antragsgegner. Er habe aufgrund der Betriebsschließung derzeit kein Einkommen. Seine Wohnraummiete betrage 777 EUR. Weil er zuvor nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, habe er keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Mit E-Mail vom 22.04.2020 teilte der Antragsteller ergänzend mit, die Räume dienten zur Hälfte der GmbH als Büro und zur anderen Hälfte als Wohnung.
Mit bestandskräftigem vorläufigem Bescheid vom 12.06.2020 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen für April 2020 bis September 2020 iHv monatlich 1.209 EUR (432 EUR Regelbedarf, 777 EUR Unterkunfts- und Heizbedarfe).
Am 14.08.2020 kündigte die Vermieterin des Antragstellers das Mietverhältnis außerordentlich fristlos. Am 17.08.2020 erhob die Vermieterin Räumungsklage bei dem Amtsgericht L (00 C 00/20) und erklärte ergänzend die ordentliche Kündigung. Am 22.10.2020 sprach die Vermieterin erneut eine außerordentliche fristlose, hilfsweise eine ordentliche Kündigung sowohl gegenüber dem Antragsteller als auch gegenüber der GmbH aus.
Der Antragsteller beantrage im August 2020 die Weitergewährung von Leistungen ab dem 01.10.2020. Er habe weiterhin kein Einkommen und kein erhebliches Vermögen. Die GmbH habe wegen der fortlaufenden Betriebsschließung weiterhin keine Einnahmen. Es seien monatliche Betriebsausgaben iHv 7.000 EUR zu bestreiten, wovon monatlich rund 3.600 EUR auf das Ladenlokal in der Q-Straße 00, L entfielen, die teilweise gestundet worden seien. Er habe bisher nur am 02.04.2020 Überbrückungsleistungen iHv 9.000 EUR erhalten. Seine Unterkunfts- und Heizbedarfe bezifferte er nunmehr mit monatlich 1.576,50 EUR (1.242,50 EUR Grundmiete, 334 EUR Nebenkosten).
Mit vorläufigem Bescheid vom 23.09.2020 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen für Oktober 2020 bis März 2021 iHv monatlich 1.209 EUR (432 EUR Regelbedarf, 777 EUR Unterkunfts- und Heizbedarfe). Hiergegen legte der Antragsteller am 29.09.2020 Widerspruch ein, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2020 zurückwies. Die Übernahme der Kosten der Unterkunft sei auf die Verpflichtungen aus dem Untermietvertrag zu begrenzen. Eine Übernahme von Verpflichtungen der GmbH sei ausgeschlossen.
Hiergegen hat der Antragsteller am 19.11.2020 Klage bei dem Sozialgericht Köln erhoben und zugleich beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung der vollen Unterkunftskosten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten. Ohne diese drohe ihm angesichts der Räumungskl...