Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Verfahrensgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
Orientierungssatz
1. Die Gebührenziffer Nr. 3103 VV RVG für die Verfahrensgebühr greift immer dann, wenn eine Tätigkeit in einem Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verfahren, vorausgegangen ist.
2. Weder der Wortlaut des Gebührentatbestandes, noch dessen Sinn und Zweck gebieten eine einschränkende Auslegung dahingehend, Nr. 3103 VV RVG nicht auf einstweilige Rechtsschutzverfahren anzuwenden.
3. Von der Mittelgebühr ist auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Regelfall auszugehen. Bei einem deutlich unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist eine entsprechend geringere Verfahrensgebühr angemessen.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.07.2008 wird zurückgewiesen.
Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Düsseldorf streitig.
Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt. Die Antragsteller des zu Grunde liegenden Eilverfahrens (nachfolgend Antragsteller) standen bei der Antragsgegnerin des Ursprungsverfahrens (nachfolgend Antragsgegnerin) im Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Am 03.01.2008 wandten sich die Antragsteller mit einem Folgeantrag an die Antragsgegnerin. Nachdem die Antragsgegnerin auch auf weitere Vorsprachen der Antragsteller hin keine Leistungen bewilligte, bestellte sich der Beschwerdeführer für die Antragsteller und forderte die Antragsgegnerin mit Anwaltsschriftsätzen vom 27.03.2008 und 12.04.2008 erfolglos auf, den Antragstellern die ihnen zustehenden Grundsicherungsleistungen zu gewähren.
Am 24.04.2008 beantragte der Beschwerdeführer im Namen der Antragsteller beim Sozialgericht Düsseldorf, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern auf ihren Folgeantrag hin Grundsicherungsleistungen zu gewähren.
Bereits mit Datum vom 22.04.2008 hatte die Antragsgegnerin einen Bewilligungsbescheid erlassen, in dem sie den Antragstellern weiterhin Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 bewilligte. Von diesem Bescheid erhielt der Beschwerdeführer allerdings erst am 28.04.2008 durch die Antragsteller Kenntnis, da eine Zustellung unmittelbar an den Bevollmächtigten unterblieben war.
Daraufhin erklärte der Beschwerdeführer im Namen der Antragsteller das gerichtliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes am 09.05.2008 für erledigt.
Mit Beschluss vom 09.06.2008 gewährte das Sozialgericht den Antragstellern rückwirkend ratenfreie Prozesskostenhilfe für das gerichtliche Verfahren.
Bereits mit Schriftsatz vom 26.05.2008 hatte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Kosten und Gebühren beantragt:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 200,00 Euro
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 150,00 Euro
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
19 v.H. Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 70,30 Euro
Endsumme: 440,30 Euro
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts entsprach diesem Antrag nur teilweise. Da der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren für die Antragsteller aufgetreten sei, ergebe sich die Verfahrensgebühr nicht aus Nr. 3102 VV RVG, sondern aus Nr. 3103 VV RVG. Der Höhe nach sei die Gebühr in der Mitte zwischen der Mindestgebühr von 20 EUR und der Mittelgebühr von 170 EUR anzusetzen und betrage daher 95 EUR. Die geltend gemachte fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG könne nicht anerkannt werden, da im einstweiligen Rechtsschutzverfahren keine mündliche Verhandlung vorgesehen sei. Über den Antrag des Beschwerdeführers hinausgehend berücksichtigte der Urkundsbeamte zusätzlich eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG, da der Beschwerdeführer in derselben Angelegenheit für mehrere Personen tätig gewesen sei.
Zusammenfassend setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die im Rahmen der Prozesskostenhilfe dem Beschwerdeführer zu gewährenden Vergütung am 20.06.2008 wie folgt fest:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 95,00 Euro
Erhöhung gem. Nr. 1008 VV RVG 28,50 Euro
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
19 v.H. Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 27,27 Euro
Endsumme: 170,77 Euro
Gegen die Gebührenfestsetzung legte der Beschwerdeführer am 02.07.2008 gegenüber dem Sozialgericht Erinnerung ein. Die Verfahrensgebühr sei antragsgemäß nach Nr. 3102 VV RVG festzusetzen. Es handele sich bei einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen des § 86 b SGG um ein kostenrechtlich von der Hauptsache zu unterscheidendes eigenständiges Verfahren, da der Rechtsanwalt abweichend von der Hauptsache bezüglich der an der Gewährung effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung vorzutragen habe. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit für die ...