Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftlichkeitsprüfung. Regress gegenüber einem Vertragsarzt wegen unwirtschaftlicher Verordnung von Arzneimitteln. Prüfmethode. Vorliegen von rechtlich relevanten Praxisbesonderheiten. vorherige Beratung bei Überschreiten des Vergleichgruppendurchschnitts
Orientierungssatz
1. Die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung wird durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Ergibt die Prüfung, dass die Abrechnungswerte des Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liegen, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Praxisnotwendigkeiten erklären lassen, so hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit.
2. Rechtlich relevante Praxisbesonderheiten sind nur solche Umstände, die aus der Patientenstruktur herrühren und nicht arztbezogen sind. Maßgeblich ist damit die Morbiditätsstruktur der Patienten des betroffenen Arztes. Ein hoher Ausländeranteil stellt keine Praxisbesonderheit dar. Ein abweichend hoher Rentneranteil stellt grundsätzlich eine rechtserhebliche Praxisbesonderheit dar.
3. Die mögliche Gefährdung der Fortexistenz einer Praxis ist nicht geeignet, fortdauernde Verstöße des Vertragsarztes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot mildernd zu bewerten.
4. Eine vorgängige Beratung bei Überschreiten des Vergleichsgruppendurchschnitts im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses ist nicht notwendig.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.11.2007 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der als Facharzt für Orthopädie in E niedergelassene und an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Kläger wendet sich gegen den Beschluss des Beklagten vom 14.05.2003, mit dem gegen ihn Regresse wegen veranlasster physikalisch-medizinischer Leistungen (vpmL) für die Quartale I/1998 bis IV/2000 und Arzneikostenregresse für die Quartale I/1998 bis IV/1999 sowie für die Quartale II/2000 und III/2000 festgesetzt worden sind.
Auf Anträge der Krankenkassen /-verbände setzte der Prüfungsausschuss II der Ärzte und Krankenkasse folgende Regresse gegen den Kläger fest:
Quartal I/1998: Antrag vom 10.03.1999 / Beschluss vom 12.09.2001: 50 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 221,1 % = 59.564,73 DM
Quartal II/1998: Antrag vom 21.06.1999 / Beschluss vom 12.09.2001: 55 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 267,5 % = 75.401,43 DM
Quartal III/1998: Antrag vom 24.09.1999 / Beschluss vom 12.09.2001: 50 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 236,2 % = 73.936,93 DM
Quartal IV/1998: Antrag vom 22.12.1999 / Beschluss vom 12.09.2001: 55 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 261,5 % = 90.071,99 DM
Quartal I/1999: Antrag vom 22.03.2000 / Beschluss vom 03.09.2002: 62,5 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 328,7 % = 118.134,47 DM
Quartal II/1999: Antrag vom 28.06.2000 / Beschluss vom 03.09.2002: 60 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 294,3 % = 94.751,36 DM
Quartal III/1999: Antrag vom 22.09.2000 / Beschluss vom 03.09.2002: 67,5 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 382,3 % = 122.935,98 DM
Quartal IV/1999: Antrag vom 19.12.2000 / Beschluss vom 03.09.2002: 60 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 306,3 % = 103.764,86 DM
Quartal I/2000: Antrag vom 20.03.2001 / Beschluss vom 03.09.2002: 70 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 420,3 % = 156016,78 DM
Quartal II/2000: Antrag vom 22.06.2001 / Beschluss vom 03.09.2002: 67,5 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 397,2 % = 127.520,37 DM
Quartal III/2000: Antrag vom 04.09.2001 / Beschluss vom 03.09.2002: 60 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 287,9 % = 73.701,31 DM
Quartal IV/2000: Antrag vom 18.12.2001 / Beschluss vom 03.09.2002: 47,5 % von den Kosten für vpmL wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 204,9 % = 51.898,35 DM
Quartal I/1998: Antrag vom 10.03.1999 / Beschluss vom 12.09.2001: 35 % Regress von den Kosten für Arznei wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 248,8 % = 15.099,19 DM
Quartal II/1998: Antrag vom 21.06.1999 / Beschluss vom 12.09.2001: 40 % Regress von den Kosten für Arznei wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 265,9 % = 17.447,62 DM
Quartal III/1998: Antrag vom 24.09.1999 / Beschluss vom 12.09.2001: 32,5 % Regress von den Kosten für Arznei wegen einer Abweichung vom Arztgruppendurchschnitt i.H.v. 232,5 % = 12.811,05 DM
Quartal IV/1998: Antrag vo...