Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung. Zulässigkeit eines Regressbescheides der Prüfungsstelle nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Anwendbarkeit des Aufrechnungsverbots nach § 96 Abs 1 Nr 4 InsO
Orientierungssatz
Zur Frage der Rechtmäßigkeit eines Regressbescheides der Prüfungsstelle nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vertragsarztes und zur Anwendbarkeit des Aufrechnungsverbots des § 96 Abs 1 Nr 4 InsO.
Tenor
Die Beschwerden des Antragstellers und des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.10.2010 werden zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens L 11 KA 133/10 B ER. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens L 11 KA 17/11 B ER.
Der Streitwert für die Verfahren L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B ER wird auf jeweils 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Streitig ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf anhängigen Klage des Antragstellers in dem Verfahren S 14 KA 213/10 sowie die Auskehrung bereits ausgeführter Honorareinbehalte.
Der Antragsteller ist als Arzt für Orthopädie in C zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Durch Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.02.2007 - XXX - wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Als Insolvenzverwalter bestellte das Amtsgericht Rechtsanwalt X.
Die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein setzte mit Bescheid vom 29.07.2009 einen Regress wegen Überschreitung der Arzneimittelrichtgrößen in Höhe von 11.848,28 EUR für die Quartale I/2007 bis IV/2007 fest. Dieser Bescheid wurde allein dem Antragsteller (Gemeinschuldner) per Einschreiben übermittelt, der fristgerecht, allerdings ohne Begründung Widerspruch einlegte. Mit Schreiben identischen Inhalts vom 30.11.2009 unterrichtete der Antragsgegner sodann den Antragsteller (Gemeinschuldner) und den Insolvenzverwalter über die anhängigen Widerspruchsverfahren betreffend Wirtschaftlichkeitsprüfungen des Gemeinschuldners.
Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Bescheid vom 19.04.2010 (Sitzung vom 24.03.2010) zurück. Dieser Bescheid wurde sowohl dem Antragsteller als auch dem Insolvenzverwalter zugestellt.
Der Insolvenzverwalter hat am 18.05.2010 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben (S 14 KA 213/10) und unter dem 30.08.2010 um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Angesichts des am 01.02.2007 eröffneten Insolvenzverfahren sei der Bescheid vom 19.04.2010 nichtig. Im Zeitpunkt der Bescheiderteilung seien die Prüfgremien nicht befugt gewesen, die Regressforderung durch Verwaltungsakt gegenüber dem Gemeinschuldner festzustellen. Ihre Befugnisse würden von der Insolvenzordnung überlagert. Insolvenzforderungen seien bei dem Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden. Soweit über eine solche Forderung nicht bereits vor Insolvenzeröffnung ein Verwaltungsakt ergangen sei, dürfe er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Anmeldung der Forderung zur Tabelle und Prüfung der Forderung nicht ergehen. Hier sei der Bescheid während des laufenden Insolvenzverfahrens ergangen und ausschließlich auf den Gemeinschuldner ausgestellt worden. Schließlich sei der Bescheid auch materiell rechtswidrig. Wären die den Prüfgremien seit Jahren bekannten Praxisbesonderheiten berücksichtigt worden, hätte ein Regress nicht ausgesprochen werden dürfen.
Der Insolvenzverwalter hat beantragt,
1. in dem sozialgerichtlichen Verfahren - S 14 KA 213/10 - die aufschiebende Wirkung der bereits erhobenen Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19.04.2010 anzuordnen; und
2. die Beigeladene zu 7) zu verpflichten, die bisher bereits auf der Grundlage des Bescheides des Antragsgegners vom 19.04.2010 ausgeführten Honorareinbehalte rückgängig zu machen.
Der Antragsgegner sowie die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Mit Beschluss vom 21.10.2010 hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zurückgewiesen und die Beigeladene zu 7) verpflichtet, vorläufig sämtliche bisher bereits auf der Grundlage des Bescheides vom 19.04.2010 ausgeführten Honorareinbehalte rückgängig zu machen. Es hat u.a. ausgeführt: Der Bescheid vom 19.04.2010 sei weder formell noch materiell offensichtlich rechtswidrig. Die Prüfgremien seien für diesen Zeitraum nicht durch das den Gemeinschuldner betreffende Insolvenzverfahren daran gehindert gewesen, den Regress per Verwaltungsakt festzusetzen, da es sich nicht um eine Insolvenzforderung gehandelt habe. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung gegen den Gemeinschuldner am 01.02.2007 sei die Regressforderung aus dem Bescheid vom 19.04.2010 noch nicht entstanden, da es sich bei der Arzneimittelrichtgrößenprüfung um eine jahresbezogene Prüfung handele, die frühestens mit Ablauf des 31.12.2007 dem Grunde nach habe entstehen können. Deshalb seien der Antragsgegner sowie die dessen Bescheide realisierende Beigeladene zu 7) keine Insolvenzgläubiger, sondern sog. Neugläu...