Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergang des Kostenerstattungsanspruchs vom Antragsteller auf den bevollmächtigten Rechtsanwalt bei dessen Vorbefassung in der Streitsache
Orientierungssatz
1. Die Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts nach Nr. 2503 Abs. 1 VV RVG ist auf die Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren zur Hälfte anzurechnen. Voraussetzung ist, dass das außergerichtliche Verfahren und das gerichtliche Verfahren denselben Gegenstand betreffen. § 15a Abs. 1 RVG betrifft nur das Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und seinem Rechtsanwalt. Ein Dritter kann sich auf die Aufrechnungsvorschrift nur unter den Voraussetzungen des § 15a Abs. 2 RVG berufen.
2. Grundsätzlich steht der Anspruch auf Übernahme der Kosten einschließlich der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nur dem Mandanten, nicht dagegen dem Rechtsanwalt im eigenen Namen zu.
3. Nach § 9 S. 2 BerHG geht ein Anspruch des Rechtsanwalts gegen den Gegner auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten in Höhe der Rechtsanwaltsgebühren auf den Anwalt über. Dabei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruchsübergang. Damit ist nicht mehr der Betroffene selbst, sondern dessen Prozessbevollmächtigter Gläubiger des Kostenerstattungsanspruchs.
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.12.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf ist statthaft. Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs. 1 SGG der Zulassung, weil der streitige Betrag nicht die für die zulassungsfreie Berufung erforderliche Summe von mehr als 750,00 EUR nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG erreicht und keine Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).
Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht erhoben worden.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
1. die Sache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
1.) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 144 Rn. 28 f. m.w.N.). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. BSG, Beschluss vom 15.09.1997 - 9 BVg 6/97 zum gleichlautenden § 160 SGG). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein.
Die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen weisen keine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne auf. Sie sind nicht klärungsbedürftig. Eine Rechtsfrage ist klärungsbedürftig, wenn sie sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden ist (vgl. BSG, Beschluss vom 15.09.1997 - 9 BVg 6/97 - zum gleichlautenden § 160 SGG).
Gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung fest. Die Gebühren und Auslagen, die für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts anfallen, sind solche Aufwendungen. Erstattungsfähige Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts i.S.v. § 63 Abs. 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren. Gemäß § 60 Abs. 1 RVG findet auf den Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts das RVG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung Anwendung, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit - vorliegend das Betreiben des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 23.01.2013 - vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 01.08.2013 (2. KostRMoG vom 23.07.2013, BGBl. I 3533) erteilt worden ist. Insoweit ist der Beklagte in der Begründung des Widerspruchsbescheides unzutreffend davon ausgegangen, dass die Rechtslage ab dem 01.08.2013 maßgeblich sei. Für das Betreiben eines Widerspruchsverfahrens entstand gemäß Nr. 2400 VV RVG a.F. eine Geschäftsgebühr i.H.v. 40,00 EUR bis 520,00 EUR. In Beratungshilfesachen entstand gemäß Nr. 2503 VV RVG i.d.F. ab dem 28.05.2011 (Gesetz vom 23.05.2011, BGBl. ...