Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit von Ausgaben bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung

 

Orientierungssatz

1. Bei der Berechnung der dem Hilfebedürftigen nach dem SGB 2 zu bewilligenden Leistung ist der Freibetrag für Erwerbstätige abzusetzen. Kommt dieser nach § 11 Abs. 2 S. 2 SGB 2 nicht zur Anwendung, so sind die mit dem Einkommen verbundenen notwendigen Ausgaben in Abzug zu bringen.

2. Geltend gemachte tatsächliche Kosten der Kfz-Haftpflichtversicherung sind vom Einkommen nicht absetzbar, weil die Versicherungsbeiträge nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg 2-VO zu pauschalieren sind.

3. Bei der Absetzung der Fahrkosten von und zum Arbeitsplatz ist bei deren Berechnung nur eine einfache Strecke in Ansatz zu bringen.

4. Zur Aufnahme einer Beschäftigung kann für die ersten sechs Monate eine Fahrkostenbeihilfe gewährt werden, soweit dies zur Beschäftigungsaufnahme notwendig ist. Deren Bewilligung ist angesichts einer Entfernung von nur sechs Kilometern zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 05.05.2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Denn das Sozialgericht (SG) Duisburg hat mit dem angegriffenen Beschluss vom 05.05.2009 ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten) zu Recht abgelehnt.

1. Prozesskostenhilfe wird nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nur gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung der Klägerin bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Denn die Beklagte hat von dem monatlichen Einkommen der Klägerin in Höhe von 420 EUR brutto zu Recht einen Betrag von insgesamt 164 EUR abgesetzt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf einen höheren Abzug.

a) Die Beklagte hat zunächst zu Recht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 Satz 2 Nr. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) einen Betrag von 64,00 EUR (20 % von 320 EUR) von dem Einkommen der Klägerin abgesetzt. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.

b) Die Beklagte hat von dem Einkommen der Klägerin ferner den Freibetrag für Erwerbstätige in Höhe von 100 EUR monatlich gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II abgesetzt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Klägerin hat nicht gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II nachgewiesen, dass die Summe der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II den Betrag von 100 EUR übersteigt. Im Einzelnen:

aa) Von dem Einkommen der Klägerin sind - käme nicht der Freibetrag für Erwerbstätige gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II zur Anwendung - die mit dem Einkommen verbundenen notwendigen Ausgaben (15,33 EUR monatlich) gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2a der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-VO) abzusetzen.

bb) Von dem Einkommen ist ferner die Versicherungspauschale (30 EUR monatlich) gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 13 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO abzusetzen.

Die Beklagte hat stattdessen die tatsächlichen Kosten der Kfz-Haftpflichtversicherung (23,95 EUR monatlich) von dem Einkommen der Klägerin abgesetzt. Dies dürfte zu Unrecht erfolgt sein. Denn die Versicherungsbeiträge nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO sind zu pauschalieren. Diese Pauschalierung dürfte auch dann vorzunehmen sein, wenn bei Erwerbstätigen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II zu prüfen ist, ob die Summe der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II den Betrag von 100 EUR übersteigt. Denn auch in diesem Fall dürfte "der Betrag nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II" (§ 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II) gemäß der Anordnung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO zu pauschalieren sein. Ein Ansatz der Versicherungspauschale neben den tatsächlichen Versicherungskosten scheidet dagegen entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin von vornherein mangels normativer Grundlage aus, die im Übrigen auch von der Klägerin selbst nicht benannt worden ist.

cc) Der Senat hatte die Frage, ob der Versicherungsbeitrag auch im Falle des § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II zu pauschalieren ist, jedoch nicht abschließend zu entscheiden. Denn die Summe der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II übersteigt den Betrag von 100 EUR hier in keinem Fall.

Von dem Einkommen der Klägerin sind nur noch die Fahrkosten in Höhe von 22,80 EUR monatlich gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2b Alg II-VO abzusetzen (6 km x 0,20 EUR x 19 Arbeitstage). Ob die Beklagte zu Recht 19 Arbeitstage pro Monat zugrunde gelegt hat, kann offenbleiben (hierzu Mecke in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 11 Rn. 121). Denn auch bei Zugrundelegung mehrerer Arbeitstage pro Monat - maximal sind 23 zu erreichen - wird hier der vorgenannte Betrag von 100 EUR nicht übers...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?