Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Kosten der Unterkunft. Übernahme der Unterkunftskosten während einer Strafhaft bei drohendem Wohnungsverlust
Orientierungssatz
Allein der Umstand, dass einem Strafgefangenen während der Verbüßung einer Strafhaft die bis zur Inhaftierung bewohnte Wohnung gekündigt wird, begründet regelmäßig keinen Anspruch des Strafgefangenen auf Übernahme der Kosten der Unterkunft durch den Sozialhilfeträger, selbst wenn er dadurch nach der Haftentlassung eine neue Wohnung erst finden und neu anmieten muss.
Normenkette
SGB XII §§ 15, 67, 68 Abs. 1; SGG § 86b Abs. 2 S. 2; ZPO § 920 Abs. 2; GG Art. 19 Abs. 4
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 14.11.2014 wird zurückgewiesen. Der Antrag des Antragstellers auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten wird abgelehnt.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Kosten der Unterkunft nach dem SGB XII für die Zeit seiner Inhaftierung.
Der am 00.00.1966 geborene, ledige und kinderlose Antragsteller ist nach eigenen Angaben seit ca. zwei Jahren erwerbslos und steht jedenfalls seit März 2013 beim Jobcenter N im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Er ist Mieter einer ca. 80 qm großen Wohnung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin. Für diese Wohnung fallen monatlich Mietkosten von insgesamt 512,12 EUR (321,93 EUR Kaltmiete, 120,71 EUR Nebenkosten, 7,62 EUR für den Fernsehanschluss sowie 81,86 EUR Heizkosten) an. Seit Oktober 2013 (Bescheid vom 24.09.2013) erkennt das Jobcenter N im Rahmen der Leistungsbewilligung Kosten der Unterkunft und Heizung nur in Höhe von 443,19 EUR an.
Der Antragsteller verbüßt seit dem 23.04.2014 eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Urteil des Amtsgerichts J vom 11.03.2013). Er befindet sich - nach eigenen Angaben wegen notierter Überhaft - auch über den 22.09.2014 hinaus voraussichtlich bis zum 22.01.2015 in Haft.
Mit Schreiben vom 11.06.2014 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis fristlos, weil der Antragsteller seit seiner Inhaftierung und dem Ende des Leistungsbezugs nach dem SGB II den Mietzins nicht mehr entrichtet hatte. In der Zeit von April bis August 2014 sind Mietschulden i.H.v. insgesamt 2.066,00 EUR aufgelaufen.
Im September 2014 erhob der Vermieter eine Räumungsklage beim AG J (Az. 42 C 304/14), welcher mit Anerkenntnisurteil vom 03.12.2014 stattgegeben wurde. Zugleich wurde der Antragsteller verurteilt, rückständige Miete i.H.v. 4.130,73 EUR nebst Zinsen an den Vermieter zu zahlen. Dieser sicherte in der mündlichen Verhandlung allerdings zu, auf die Vollstreckung zu verzichten, sofern der Antragteller die Miete für Januar 2015 bis zum Ende des Monats und die laufenden Mieten ab Februar 2015 pünktlich zahlen sowie auf den Mietrückstand beginnend ab Februar 2015 jeweils 250,00 EUR entrichten sollte.
(Bereits) Unter dem 04.03.2014 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin, seine Mietkosten für die Zeit seiner Inhaftierung als Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem Achten Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) zu übernehmen. Dabei gab er an, verschiedenen Gläubigern insgesamt 10.000 bis 15.000 EUR zu schulden, ohne über eine genaue Übersicht seiner Schuldensituation zu verfügen. Familiäre Kontakte habe er seit dem Tod seiner Eltern vor ca. fünf Jahren nicht mehr; auch zu entfernteren Verwandten bestehe keinerlei Kontakt. Zu anderen Menschen pflege er eher oberflächliche Beziehungen; über förderliche und stützende Sozialkontakte verfüge er nicht. Trotz dieser Umstände sei es ihm bisher gelungen, seine Existenz in Form einer angemessenen Wohnung zu erhalten. Im Hinblick auf die Einstellungen der Leistungen nach dem SGB II ab Haftantritt drohe ihm nun aber auch der Verlust seiner Wohnung. Zur Stützung seines Begehrens legte er eine Stellungnahme der Diakonie N1, Wohnungslosenhilfe, vom 04.03.2014, vor, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Durch Bescheid vom 10.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2014 lehnte die Antragsgegnerin die Übernahme der Mieten für die Zeit der Inhaftierung des Antragstellers als Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten ab. Soziale Schwierigkeiten im Sinne der §§ 67 ff. SGB XII, welche die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft nicht nur vorübergehend und erheblich einschränkten, seien nicht ersichtlich. Die Schwierigkeiten, nach einer Haftdauer von nur fünf Monaten neuen Wohnraum zu finden, seien hingegen Lebensschwierigkeiten allgemeiner Art, die nicht durch Übernahme der Miete, sondern durch Hilfen anderer Art, vor allem durch Beratung und persönliche Unterstützung, überwunden werden könnten. Überdies stelle die Wohnung keinen angemessenen Wohnraum im Sinne des SGB II bzw. SGB XII dar. Dagegen hat der Antragsteller am 06.08.2014 beim Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erho...