Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz zugunsten des Arbeitgebers als Beitragsschuldner gegen die Vollziehung eines Beitragsbescheides
Orientierungssatz
1. Arbeitgeber und damit Beitragsschuldner nach § 28 e Abs. 1 S. 1 SGB 4 ist, wem der Anspruch auf die vom Beschäftigten nach Maßgabe des Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zusteht und wer dem Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet ist.
2. Ein mittelbares Arbeitsverhältnis liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer von einem Mittelsmann beschäftigt wird, der selbst Arbeitnehmer eines Dritten ist und die Arbeit mit Wissen des Dritten unmittelbar für diesen geleistet wird. Dem Arbeitnehmer können Rechte gegen den Hauptarbeitgeber zustehen, wenn die Einschaltung des Mittelsmannes rechtsmissbräuchlich ist.
3. Einstweiliger Rechtsschutz ist nach § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG u. a. zu gewähren, wenn die Vollziehung eines Beitragsbescheides eine unbillige Härte bedeuten würde.
4. Allein das Beitreiben einer Beitragsforderung stellt keine unbillige Härte vor. Eine solche liegt erst dann vor, wenn das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz oder Zerschlagung des Geschäftsbetriebs des Beitragsschuldners zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als derzeit.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 3.2.2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst trägt.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 73.943,88 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.8.2013 zu Recht abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner abweichenden Beurteilung.
1. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge. Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906 [907 f.]; Beschluss v. 27.6.2013, L 8 R 114/13 B ER, ASR 2014, 26 ff.).
2. Ausgehend davon wird sich die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Annahme der Antragsgegnerin, die für die Antragstellerin tätig gewordenen vermeintlich selbständigen "Nachunternehmer" seien in Wahrheit abhängig beschäftigt und aufgrund dessen sozialversicherungspflichtig gewesen, voraussichtlich als zutreffend erweisen. Auch wenn die Antragstellerin eingangs des Beschwerdeverfahrens zunächst noch anderer Meinung gewesen sein mag, lässt ihr aktueller Vortrag, sie selbst habe umfassenden Weisungen der redi-group unterlegen und daher sei diese Arbeitgeberin der "Nachunternehmer" gewesen, nur den Schluss zu, dass nunmehr auch sie der Auffassung ist, die "Nachunternehmer" seien abhängig beschäftigt tätig geworden.
3. Die weitergehende Annahme der Antragsgegnerin, die Antragstellerin sei Arbeitgeberin der von ihr eingesetzten abhängig beschäftigten Mitarbeiter gewesen, wird sich nach derzeitigem Sachstand (ebenfalls) nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als falsch erweisen.
a) Arbeitgeber und damit Beitragsschuldner gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ist, wem der Anspruch auf die vom Beschäftigten...