Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Grundsicherungsleistungen durch einstweiligen Rechtsschutz bei ungeklärter Verwertbarkeit eines ererbten Hausgrundstücks
Orientierungssatz
1. Bei der Entscheidung über die Hilfebedürftigkeit i. S. von § 9 SGB 2 sind als Vermögen nur verwertbare Vermögensgegenstände und Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Welcher Geldeswert einer Erbschaft zukommt, hängt von deren Verwertbarkeit ab.
2. Ist hierzu die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich und befindet sich das ererbte Hausgrundstück in ungeteilter Erbengemeinschaft, so ist der für den Eilrechtsschutz erforderliche Anordnungsanspruch zur Bewilligung von Grundsicherungsleistungen fraglich.
3. In einer solchen Situation ist eine Folgenabwägung des Gerichts erforderlich. Dabei ist davon auszugehen, dass das Interesse am Erlass der einstweiligen Anordnung bei weitem überwiegt, weil während des Hauptsacheverfahrens ohne die Leistungen des SGB 2 das Existenzminimum des Antragstellers nicht gedeckt wäre.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.11.2007 geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet dem Antragsteller ab dem 23.10.2007 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren S 31 AS 406/07 monatliche Leistungen in Höhe von 734,00 EUR zu erbringen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu tragen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er bezog bis zum 30. April 2007 entsprechende Leistungen in Höhe der Regeleistung von 345 EUR und für Kosten der Unterkunft in Höhe 387,07 EUR monatlich.
Durch den Tod seiner Mutter am 00.00.2006 erbte der Antragsteller zusammen mit seinem Vater die Hälfte eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstückes in I, Q-straße 00. Die zweite Grundstückshälfte steht im Eigentum des Vaters des Klägers, der auch eine der sieben Wohnungen in dem Haus bewohnt. Nach Beurteilung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im X-Kreis vom 20. Juni 2007 hat das Grundstück einen Wert von 225.000 Euro.
Mit Bescheid vom 26. Juli 2007 lehnte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller die weitere Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, der Wert der Immobilie betrage 225.000 Euro. Auf dem Grundstück liege eine Belastung von 45.208,87 Euro, so dass ein Restwert in Höhe von 179.791,13 Euro verbleibe. Das Erbe des Antragstellers belaufe sich demnach auf 44.947,78 Euro und stelle eine einmalige Einnahme dar. Die einmalige Einnahme sei auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen. Der Bedarf des Antragstellers belaufe sich zur Zeit auf 857,43 Euro monatlich (einschließlich der Beiträge für die freiwillige Krankenversicherung in Höhe von 125,36 EUR). Mit der festgestellten Einnahme könne der Antragsteller seinen Bedarf für ca. 52 Monate decken. Sollte die Verwertung des Erbes nicht durch Verkauf des Eigentumsanteils gewährleistet sein, wäre auch eine Beleihung des Eigentums in Betracht zu ziehen.
Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2007 zurückgewiesen wurden.
Am 17. Oktober 2007 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) Klage erhoben (S 31 AS 406/07) und am 23. Oktober 2007 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung hat er im wesentlichen vorgetragen, er sei mittellos. Sein Vater wolle ihm seinen Anteil nicht abkaufen. Der Miteigentumsanteil sei nicht veräußerbar und auch nicht weiter beleihbar. Die Verwertung des Eigentumsanteils stelle darüber hinaus eine unbillige Härte dar. Durch das Mehrfamilienhaus würden zwar monatlich 1.573,91 Euro Mieteinnahmen erzielt. Den Mieteinnahmen hätten jedoch 2006 Kosten in Höhe von 18.687,60 Euro gegenübergestanden.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren Leistungen in Höhe von 857,43 Euro monatlich zu erbringen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluss vom 26.11.2007 hat das SG den Antrag abgelehnt und zur Begründung im wesentlich ausgeführt, es fehle an einem Anordnungsanspruch. Nach § 9 SGB II sei nur derjenige hilfebedürftig, der seinen Lebensunterhalt nicht durch sein Vermögen oder Einkommen sichern kann. Es könne dahin stehen, ob es sich bei dem Erbe um eine einmalige Einnahme oder nunmehr um Vermögen handele. Wenn das Erbe des Antragstellers als Einkommen zu berücksichtigen sei, handele es sich um eine einmalige Einnahme. Nach § 11 SGB II seien als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Der Wert des Er...