Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Anhörungsrüge und einer Gegenvorstellung

 

Orientierungssatz

1. Eine erfolgreiche Anhörungsrüge nach § 178 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG setzt voraus, dass das Gericht den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Das Gebot rechtlichen Gehörs erfordert, dass das Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht.

2. Auch nach Einführung der Anhörungsrüge in das SGG zum 1. 1. 2005 ist die Gegenvorstellung weiterhin zulässig. Sie setzt voraus, dass der Beschwerdeführer schlüssig geltend macht, dass ihm grobes prozessuales Unrecht durch die Verletzung anderer Verfahrensgrundrechte oder des Willkürverbots nach Art. 3 GG zugefügt worden ist, das im Wege der richterlichen Selbstkontrolle beseitigt werden muss. Sie dient nur der Beseitigung groben prozessualen Unrechts, vgl. BSG, Beschluss vom 25. Februar 2010 - B 11 AL 22/09 C.

3. Ein Richterspruch ist nur dann willkürlich, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht, vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. August 2005 - 1 BvR 1165/05.

 

Tenor

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 23.01.2012 - L 19 KG 1/11 wird zurückgewiesen. Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 23.01.2012 - L 19 KG 1/11 wird als unzulässig verworfen. Die Erinnerung des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 23.01.2012 - L 19 KG 1/11 wird als unzulässig verworfen. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Kanzlei Dr. Dr. F & Dr. I, W, wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 23.01.2012, dem Kläger spätestens zugegangen am 25.01.2012, hat der Senat den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren L 19 KG 1/11 abgelehnt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die Berufung sei bedingt eingelegt worden und damit unzulässig. Soweit sie später unbedingt erhoben worden sei, sei sie verfristet gewesen und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht.

Mit Telefax vom 26.01.2012 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers "Beschwerde bzw. das zulässige Rechtsmittel" gegen den Beschluss vom 23.01.2012 eingelegt und beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.01.2012 aufzuheben. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Auffassung vertreten, es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass Rechtsmittel auch nur für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegt werden könnten. Im Übrigen werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Dem Schriftsatz ist eine eidesstattliche Versicherung des Klägers beigefügt gewesen, in der der Kläger u.a. ausgeführt hat, er sei in der Zeit vom 19.07.2011 bis 24.11.2011 als Kraftfahrer beschäftigt gewesen.

Der Senat hat den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 27.01.2012 darauf hingewiesen, dass gegen die ablehnende Prozesskostenhilfeentscheidung keine Beschwerde gegeben sei. Die Rechtsmittelbelehrung weise zutreffend auf § 177 SGG hin. Der Termin am 30.01.2012 finde statt.

Mit Telefax vom 30.01.2012 hat der Kläger sich persönlich an das Landessozialgericht gewandt und ausgeführt, er lege gegen den abweisenden Beschluss des LSG NRW vom 23.01.2012 alle in Betracht kommenden zulässigen Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe ein. Insbesondere lege er die

1. Anhörungsrüge,

2. Erinnerung und

3. Gegenvorstellung

ein und beantrage,

4. die Rechtsbeschwerde zuzulassen,

5. die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für alle in Betracht kommenden zulässigen Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe unter Beiordnung der Kanzlei Dr. Dr. F & Dr. I, W,

6. die Erstattung der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten

Er beantrage überdies Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Mit Urteil auf die mündliche Verhandlung vom 30.01.2012 hat der Senat die Berufung als unzulässig verworfen.

Mit Schriftsatz vom 06.02.2012 stellte der Kläger die bereits im Schriftsatz vom 30.01.2012 enthaltenen Anträge erneut, wobei er den Antrag zu 4. dahingehend abänderte,

im Falle der Abweisung die Rechtsbeschwerde und/oder Beschwerde und/oder das jeweils zulässige Rechtsmittel zuzulassen.

Zur Begründung seiner Anträge führt er aus, sein Anspruch auf rechtliches Gehör und damit auch sein Recht auf ein faires Verfahren seien durch den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss verletzt worden

Mit Schriftsatz vom 21.02.2012 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Mandat niedergelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten nebst den hierzu beigezogenen Beiakten Bezug genommen.

II.

A.

Die von dem Kläger erhobene Anhörungsrüge nach § 178a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig. Gegen den Beschluss des Senats ist ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nach § 177 SGG nicht gegeben (vg...

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