Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Vollziehbarkeit eines Beitragsbescheides. Anforderungen an eine unbillige Härte zur Aussetzung der Vollziehung
Orientierungssatz
1. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG ist das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert.
2. Nach § 86a Abs. 3 S. 2 SGG soll bei Vorliegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte für den Antragsteller auf Gewährung von einstweiligem Rechtschutz die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides verneint werden.
3. Hierzu muss der Antragsteller darlegen, dass das Betreiben der Forderung die Insolvenz oder Zerschlagung seines Geschäftsbetriebs zur Folge hätte.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.5.2019 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 28.969,55 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf (SG) vom 17.5.2019 ist nicht begründet.
Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.11.2018 zur Betriebsnummer xxx zu Recht abgelehnt. Gleichermaßen ist auch eine aufschiebende Wirkung der vor dem SG am 24.6.2019 erhobenen Klage (Az. S 44 BA 107/19) gegen den mittlerweile ergangenen Widerspruchsbescheid vom 27.5.2019 nicht anzuordnen.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine - wie hier erfolgte - Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für Säumniszuschläge (st. Rspr. Des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 11.3.2016 - L 8 R 506/14 B ER - juris Rn. 49 m.w.N.).
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).
1. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 12.4.2017 - L 8 R 987/15 B ER - juris Rn. 2 f.; Beschl. v. 11.3.2016 - L 8 R 506/14 B ER - juris Rn. 51 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der Bescheid vom 29.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2019, mit dem die Antragsgegnerin vom Antragsteller für den Zeitraum vom 1.8.2012 bis 31.12.2014 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 115.878,21 Euro einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 43.333,50 Euro nachfordert, im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.
Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 S. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung gegenüber den Arbeitgebern die erforderlichen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide.
Der Bescheid vom 29.11.2018 ist formell rechtmäßig ergangen; insbesondere ist der Antragsteller vor dessen Erlass mit Schreiben vom 10.7.2018 gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört worden.
Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sind Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes g...