Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Bundes- bzw. Regionalträgers der Rentenversicherung für die Meldepflicht des Arbeitgebers zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag
Orientierungssatz
1. Nach § 28p Abs. 1 S. 1 und S. 5 SGB 4 prüfen die Träger der Rentenversicherung die Meldepflicht der Arbeitgeber im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen.
2. Nach § 28p Abs. 2 S. 2 SGB 4 stimmen sich die Träger der Rentenversicherung darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen. Ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Rentenversicherungsträger zu prüfen.
3. Ob die Zuständigkeit der DRV Bund als Bundesträger oder ein Regionalträger für den Erlass des Prüfbescheides gemäß § 28p SGB 4 sachlich zuständig ist, entscheidet sich nach der vergebenen Prüfziffer in der Betriebsnummer des Arbeitgebers.
4. Eine hiernach fehlerhafte Zuständigkeit führt zur Rechtswidrigkeit des ergangenen Prüfbescheides.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.1.2020 geändert.
Die aufschiebende Wirkung der beim Sozialgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen S 44 BA 144/19 anhängigen Klage gegen den zur Betriebsnummer 29...87 ergangenen Bescheid vom 29.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2019 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.583,37 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen bzw. gem. § 86b Abs. 1 S. 2 SGG eine schon vorgenommene Vollziehung aufheben. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die - wie hier erfolgte - Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für Säumniszuschläge (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 2 m.w.N.).
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 3). Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 4 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, da deren Erfolg überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nach der im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung derzeit mehr dafür als dagegen, dass sich der von der Antragsgegnerin zur Betriebsnummer 29...87 erlassene Beitragsbescheid, mit dem sie vom Antragsteller Beiträge und Umlagen in Höhe von 30.333,49 Euro einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 10.335,50 Euro nachfordert, in der Hauptsache als rechtswidrig erweisen wird.
Der Bescheid ist formell rechtswidrig, da es an der sachlichen Zuständigkeit der Antragsgegnerin für dessen Erlass fehlt.
Rechtsgrundlage des aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheides und der darin festgesetzten Beitragsnachforderung ist § 28p Abs. 1 S. 1 und S. 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV). Im Rahmen der Prüfung werden gegenüber den Arbei...