Entscheidungsstichwort (Thema)
Überleitung eines Anspruchs durch den Sozialhilfeträger zur Realisierung des Nachrangs der Sozialhilfe
Orientierungssatz
1. Nach § 93 Abs. 1 S. 1 SGB 12 kann der Träger der Sozialhilfe, wenn eine leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht wurden, einen Anspruch gegen einen anderen hat, durch schriftliche Anzeige an diesen bewirken, dass der Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen an ihn übergeht.
2. Die Überleitung eines Anspruchs dient dazu, den Nachrang der Sozialhilfe zu realisieren. Kann Sozialhilfe von vornherein begrenzt nur auf den anrechenbaren, weil tatsächlich zufließenden einkommenübersteigenden Bedarf gewährt werden, so ist eine Überleitung nach § 93 SGB 12 weder erforderlich noch rechtmäßig.
3. Die Zumutbarkeit eines Einkommenseinsatzes nach § 92 Abs. 1 S. 1 SGB 12 gehört zu den Voraussetzungen des Abs. 1 S. 2; dies setzt verfügbares Einkommen auch aus der Realisierung von Ansprüchen gegenüber Dritten voraus. Eine Überleitung ist auf die Höhe des einzusetzenden Einkommens begrenzt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 15.04.2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren.
Gründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragsgegners vom 06.05.2015, eingegangen am gleichen Tag, gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 15.04.2015, dem Antragsgegner zugestellt am 22.04.2015, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 02.03.2015 gegen den Überleitungsbescheid des Antragsgegners vom 26.02.2015 (§ 93 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII)) mit Wirkung zum 20.03.2015 (Eingang des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes) angeordnet.
1.) Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen ganz oder teilweise anordnen, in denen nach § 86a Abs. 2 SGG Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben. Hierbei entscheidet das Gericht aufgrund einer Interessenabwägung, bei der im Ausgangspunkt das mit den Fallgruppen des § 86a Abs. 2 normierte Regel-Ausnahme-Verhältnis zu Gunsten des Vollziehungsinteresses zu beachten ist (s. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 12b f.). Da der Gesetzgeber mit § 93 Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG geregelt hat, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, der den Übergang des Anspruchs bewirkt, keine aufschiebende Wirkung haben, kommt die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Anlehnung an die in § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG aufgestellten Kriterien nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (SächsLSG, Beschl. v. 11.06.2012 - L 7 SO 22/10 B ER -, juris Rn. 20; vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rn. 12c a.E.).
a) Die Antragstellerin ist, wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, als (bisherige) Gläubigerin des von dem Antragsgegner mit dem angegriffenen Bescheid vom 26.02.2015 übergeleiteten Vergütungsanspruchs gegen die Beigeladene antragsbefugt, weil mit der Überleitungsanzeige als privatrechtsgestaltendem Verwaltungsakt der Verlust ihrer Gläubigerstellung einhergeht, welcher als Eingriff in das zwischen dem Drittschuldner und dem Hilfeempfänger bestehende Rechtsverhältnis das Anfechtungsrecht begründet (s. BVerwG, Urt. v. 27.05.1993 - 5 C 7/91 -, juris Rn. 10; jurisPK-SGB XII/Armbruster, § 93 Rn. 146).
b) An der Rechtmäßigkeit der Überleitungsanzeige des sachlich und örtlich zuständigen Antragsgegners als überörtlicher Sozialhilfeträger bestehen nach Auffassung des Senats in mehrfacher Hinsicht ernstliche Zweifel, die zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin führen.
Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII kann der Träger der Sozialhilfe, wenn eine leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen hat, durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Dabei darf der Übergang des Anspruchs nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 und des § 92 Abs. 1 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre (§ 93 Abs. 1 Satz 3 SGB XII).
Rechtlicher Ausgangspunkt ist hier die Tatsache, dass der Antragsgegner mit Bescheiden vom 26.02.2015 sowohl einen Kostenbeitrag der Antragstellerin gemäß § 92 Abs. 1 SGB XII "ab dem 01.01.2015 [in Höhe von]...