Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung einer Handverletzung im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung. Erhöhung der MdE wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit
Orientierungssatz
1. Nach § 56 Abs. 1 SGB 7 haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 % gemindert ist, Anspruch auf Unfallrente.
2. Narbige Veränderungen an den Fingern einer Hand, eine Verplumpung der Mittelgelenke des Mittel- und Ringfingers, eine Amputation des Kleinfingerendglieds, eine leichte Behinderung der Streckung und Beugung der dreigliedrigen Finger sowie eine teilweise Kraftminderung der Hand sind nach einer sechsmonatigen Phase der Anpassung und Gewöhnung mit einer MdE von 10 % zu bewerten.
3. Eine Erhöhung der MdE wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB 7 kommt nur dann in Betracht, wenn die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf unter Berücksichtigung des Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen würde. Kann der Verletzte seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben, so führt dies nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung der MdE (BSG Urteil vom 30. 6. 2009, B 2 U 3/08 R).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.03.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.
Der 1960 geborene Kläger erlitt am 28.08.2002 während seiner Tätigkeit als Arbeiter der Stadtgärtnerei T einen Arbeitsunfall, als er beim Mähen einer städtischen Grünfläche mit der linken Hand in das Mähwerk des Mähers geriet. Der Durchgangsarzt, der Chirurg Dr. T diagnostizierte Rissquetschverletzungen der 2. bis 5. Finger links, offene Wunden sowie Frakturen der Finger 3 bis 5 links. Der Kläger wurde bis zum 11.09.2002 in der Unfallchirurgie des Krankenhauses C in C stationär behandelt. Dort erfolgte eine osteosynthetische Versorgung der Frakturen und mehrere Sehnennähte. Während eines erneuten stationären Aufenthalts in der Zeit vom 14.11.2002 bis 17.11.2002 wurde eine Endgliedamputation am linken Kleinfinger durchgeführt. Am 16.12.2002 teilte Dr. T mit, Arbeitsfähigkeit bestehe wieder ab dem 02.01.2013, die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage weniger als 20 %. Zur gleichen Einschätzung gelangte der zwischenzeitlich behandelnde Arzt des Klägers Dr. N in seinem Bericht vom 26.11.2003.
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 31.03.2011 eine "Überprüfung der Angelegenheit" beantragt hatte, veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch Dr. T Dieser beschrieb in seinem Gutachten vom 17.09.2011 als Unfallfolgen narbige Veränderungen an allen Langfingern linken Hand mit posttraumatischer Arthrose, eine leichte Behinderung beim Faustschluss sowie eine Kraftminderung der linken Hand. Wegen der anzunehmenden Beeinträchtigung der Handfunktion bei Amputation des Kleinfingers und der Bruchschäden am Mittelgelenk des Mittel- und Ringfingers hielt er eine MdE von 20 % für die Dauer von neun Monaten ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit für gerechtfertigt. Danach schätzte er die MdE mit 10 % auf Dauer ein. In einer von der Beklagten hierzu eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 02.11.2011 meinte der Orthopäde Dr. U, dem Gutachten könne man im Großen und Ganzen folgen; allerdings erscheine eine MdE von 20 % für einen Zeitraum von sechs Monaten ab Rentenbeginn ausreichend, danach sei eine MdE von 10 auf Dauer angemessen.
Mit Bescheid vom 23.11.2011 erkannte die Beklagte den Arbeitsunfall vom 28.08.2002 dem Grunde nach an. Des Weiteren stellte sie fest, dass eine MdE von 20 % in der Zeit vom 02.01.2003 bis 01.07.2003 vorgelegen habe. Der Anspruch für diese Zeit sei aber verjährt und die Rente könne deswegen nicht mehr ausgezahlt werden. Der Widerspruch des Klägers vom 06.12.2011 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2013 als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 30.10.2013 Klage erhoben und vorgetragen: Die unfallbedingte MdE betrage mindestens 20 % und ihm stehe deswegen auch eine Verletztenrente zu. Im Jahre 2008 sei eine erhebliche Verschlimmerung in den Unfallfolgen eingetreten. Im Übrigen sei eine besondere berufliche Betroffenheit zu berücksichtigen. Auch werde der Verjährung widersprochen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2013 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Unfalls vom 28.08.2002 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 % zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist auf ihrem Standpunkt verblieben.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Handchirurgen Dr. X....