Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Untätigkeitsklage
Orientierungssatz
1. Eine Untätigkeitsklage ist nach § 88 SGG nicht vor Ablauf von drei Monaten zulässig, wenn ein Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist.
2. Darlegungspflichtig für einen zureichenden Grund ist der beklagte Leistungsträger. Dabei kommt es allein auf objektive Hinderungsgründe an.
3. Dieser kann eine Untätigkeit nicht damit rechtfertigen, dass der Antragsteller möglicherweise seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff. SGB 1 nicht nachgekommen ist, vgl. BSG, Urteil vom 26. August 1994 - 13 RJ 17/94.
4. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass bei entsprechender Mitwirkung im Vorverfahren ein Klageverfahren vermeidbar gewesen wäre, so kann dies im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 193 SGG berücksichtigt werden, vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1987 - 12 KR 49/86.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 26.02.2013 abgeändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren ab dem 27.12.2012 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin A. Köln beigeordnet.
Gründe
I.
Streitig ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Untätigkeitsklageverfahren.
Die am 29.08.1977 geborene Klägerin ist Staatsbürgerin von Kamerun und verfügt über eine Aufenthaltserlaubnis. Sie lebt zusammen mit ihrem am 15.05.2010 geborenen Sohn seit Oktober 2011 in einer Mietwohnung in der in (Warmmiete 460 EUR monatlich). Die Klägerin und ihr Sohn stehen seit März 2011 im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Die Klägerin bezieht für ihren Sohn Kindergeld und Unterhaltsvorschussleistungen.
Der genaue Aufenthalt des am 00.00.1969 geborenen und ebenfalls im Leistungsbezug beim Beklagten stehenden Kindesvaters ist unklar. Nach Ermittlungen des Sozialgerichts Köln in einem Eilverfahren des Kindesvaters (S 30 AS 1389/12 ER) ist sein Lebensmittelpunkt in K. Er hält sich zumindest zeitweilig in der Wohnung eines Bekannten auf, die an die Wohnung der Klägerin angrenzt. In einem Erörterungstermin am 27.04.2012 vor dem Sozialgericht Köln im Eilverfahren des Kindesvaters erklärte dieser, er halte sich ca. drei- bis viermal in der Woche bei der Klägerin auf, übernachte dort aber nicht. Die in diesem Verfahren als Zeugin vernommene Klägerin bestätigte dies. Der Kindesvater halte sich manchmal einen Tag lang, manchmal ein paar Stunden bei ihr und dem Kind auf.
Nachdem der Beklagte der Klägerin zunächst Leistungen unter Einschluss eines Mehrbedarfes wegen Alleinerziehung gewährt hatte, gewährte er ihr mit Bescheid vom 06.06.2012 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 08.06.2012 bis zum 30.09.2012 iHv 604 EUR monatlich ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfes wegen Alleinerziehung (Regelbedarf iHv 374 EUR, anteilige Unterkunftsleistungen iHv 230 EUR).
Hiergegen legte die Klägerin am 06.07.2012 Widerspruch ein, an dessen Bescheidung sie am 21.09. und 08.11.2012 unter Ankündigung einer Untätigkeitsklage erinnerte. Am 14.11.2012 forderte der Beklagte die Klägerin auf darzulegen, inwiefern sich die Sachlage seit dem Erörterungstermin geändert habe. Am 20.11.2012 teilte die Klägerin mit, an der Betreuungssituation habe sich nichts geändert. Mit Schreiben vom 29.11.2012 forderte der Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts dazu auf, genauere Angaben dazu zu machen, an wie vielen Tagen pro Woche der Kindesvater das Kind betreue, um eine anteilige Gewährung des Mehrbedarfes prüfen zu können. Am 04.12.2012 erklärte die Klägerin, mangels durchgehender Betreuung durch den Kindesvater von einer Woche sei der volle Mehrbedarf zu gewähren. Am 11.12.2012 forderte der Beklagte die Klägerin erneut auf, den genauen Betreuungsumfang anzugeben. Am 11.12.2012 teilte die Klägerin erneut mit, dass sich am Betreuungsumfang nichts geändert habe und dass nunmehr um Entscheidung gebeten werde. Am 14.12.2012 wiederholte der Beklagte seine Aufforderung. Die bisherigen Angaben seien nicht genau genug.
Am 18.12.2012 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie die Beiordnung von Rechtsanwältin A aus Köln beantragt. Am 27.12.2012 hat sie ein PKH-Antragsformular vorgelegt.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe die erforderlichen Angaben gemacht. Wenn der Beklagte sich nicht zu einer Bewilligung in der Lage sehe, müsse er den Widerspruch zurückweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, ohne nähere Angaben sei keine Entscheidung möglich.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin A- aus Köln mit Beschluss vom 26.02.2013 abgelehnt. Es liege ein hinreichender Grund für die Nichtbescheidung vor. Ob die vom Beklagten geforderten Angaben erforderlich seien, sei aus Sicht des Beklagten zu beurteilen, zumal der Klägerin die geforderten Angaben ohne Weiteres zumutbar seien. Solange dem Beklagten nicht al...