Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Anforderung an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. konkrete Bedrohung von Wohnungslosigkeit
Orientierungssatz
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren über die vorläufige Übernahme der Unterkunftskosten im Rahmen der Leistung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ist ein Anordnungsgrund erst dann anzunehmen, wenn tatsächlich konkret Wohnungslosigkeit droht. Allein die Kündigung eines Mietverhältnisses oder auch die Erhebung der Räumungsklage genügen insoweit noch nicht (entgegen LSG Essen vom 29.1.2015 - L 6 AS 2085/14 B ER).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 02.12.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Antragsteller begehren im Rahmen eines Verfahrens auf die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Deckung ihrer Bedarfe für Unterkunft und Heizung (KdU) zu gewähren
Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dies ist dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere, unzumutbare und nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988, 2 BvR 174/88). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) von dem jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden, § 86b SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (BSG, Beschluss vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B - ). Die mit einer einstweiligen Anordnung auf die Durchführung einer Maßnahme in der Regel zugleich verbundene Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache erfordert darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und des Grundes, da der einstweilige Rechtsschutz trotz des berechtigten Interesses des Rechtsuchenden an unaufschiebbaren gerichtlichen Entscheidungen nicht zu einer Vorverlagerung der Entscheidung in das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes führen soll. Erforderlich ist mithin das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht. Eine solche besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist nur zu bejahen, wenn dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG Beschluss vom 16.05.1995, 1 BvR 1087/91).
Soweit es um die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz geht, müssen die Gerichte die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen bzw. wenn dies nicht möglich ist, auf der Basis einer Folgenabwägung auf Grundlage der bei summarischer Prüfung bekannten Sachlage entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, 830ff mit weiteren Nachweisen, Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Auflage, § 86b Rn. 29a). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den einschlägigen Antrag (vgl z.B. Keller in Meyer-Ladewig u.a., 11.Aufl., § 86b Rn 42).
Den Antragstellern ist es auch im Beschwerdeverfahren nicht gelungen einen Anordnungsgrund, d.h. das Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage, glaubhaft zu machen.
Sowohl der nach dem Vortrag der Antragsteller von dem Antragsteller zu 1) getrenntlebenden Antragstellerin zu 2) als auch dem Antragsteller zu 1) mit seinen beiden minderjährigen Kindern stehen ausreichend Barmittel zur Verfügung, um ihren laufenden Bedarf zu decken.
Die Antragstellerin zu 2) geht einer abhängigen Beschäftigung nach, aus der sie ausweislich der zur Verwaltungsakte gereichten Gehaltsabrechnungen ein Nettoeinkommen von monatlich etwa 530,00 EUR erwirtschaftet. Dieses übers...