Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Beschwerdewertes bei festgesetzten Säumniszuschlägen
Orientierungssatz
1. Bei der Berechnung des Beschwerdewertes für die Zulassung der Berufung bleiben bei einer Beitragsforderung die daneben festgesetzten Säumniszuschläge unberücksichtigt. Sie bewirken ebenso wie Zinsen eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Leistung und bleiben als Nebenforderung für die Berechnung des Beschwerdewertes außer Betracht.
2. Die Beifügung einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung durch das Gericht 1. Instanz ist keine bewusste Entscheidung für die Zulassung einer sonst ausgeschlossenen Berufung.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 27.01.2006 wird als unzulässig verworfen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird 434,58 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Beigeladenen.
Nach einer Betriebsprüfung im Januar 2004 erhob die Beklagte mit Bescheid vom 10.03.2004 für verschiedene Arbeitnehmer der Klägerin Nachforderungen in Höhe von insgesamt 10.937,24 Euro. Für den Beigeladenen forderte sie für eine Beschäftigung vom 13.03. bis 08.04.2000 Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 434,58 Euro (849,96 DM), sowie Säumniszuschläge für die Zeit bis 31.12.2003 in Höhe von 179,85 Euro. Im Widerspruchsverfahren half sie mit Bescheid vom 14.07.2004 dem Widerspruch hinsichtlich eines anderen Arbeitnehmers ab, wies aber im Übrigen den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2004 zurück.
Mit der am 22.10.2004 erhobenen Klage hat die Klägerin den Bescheid beschränkt auf die Forderung bezüglich des Beigeladenen angefochten. Mit Urteil vom 27.01.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat den Streitwert auf 500,00 Euro festgesetzt, wobei es neben der Forderung einen "angemessen frei geschätzten Betrag" für Säumniszuschläge berücksichtigt hat. Weder der Tenor noch die Entscheidungsgründe enthalten eine Aussage zur Zulassung der Berufung. In der beigefügten (formularmäßigen) Rechtsmittelbelehrung wird auf die Möglichkeit der Berufung hingewiesen.
Die Klägerin hat fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Gerichtsschreiben vom 07.08.2006 sind die Beteiligten auf die Bedenken gegen die Statthaftigkeit der Berufung hingewiesen worden.
II.
Der Senat kann gemäß § 158 Satz 1, 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung verwerfen, da sie nicht statthaft ist.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigen. Leistungen in diesem Sinne sind auch gegen den Einzelnen gerichtete Forderungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften (vgl. BSG SozR 3-1500 § 144 Nr. 16), mithin auch eine Beitragsforderung.
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin mit der Klage den Bescheid vom 10.03.2004 nur insoweit angefochten, als Beiträge für den Beigeladenen festgesetzt worden sind. Diese belaufen sich nur auf 434,58 Euro. Die daneben festgesetzten Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 4. Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bleiben bei der Berechnung des Beschwerdewertes unberücksichtigt. Bei Zahlungsansprüchen ist nur auf den Geldbetrag abzustellen, um den unmittelbar gestritten wird. Zinsen wirken sich als Nebenforderung nach § 4 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht aus (vgl. Meyer-Ladewig, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 144 Randnr. 15). Zinsen sind immer dann Nebenforderungen, wenn sie von dem noch im Streit befindlichen Hauptanspruch abhängen, selbst wenn sie kapitalisiert und mit der Hauptforderung in einem einheitlichen Forderungsbetrag zusammengefasst sind (BGH, Beschluss vom 26.02.2002 - XI ZR 326/01; Beschluss vom 25.11.2004 - III ZR 325/03). Bei den Säumniszuschlägen handelt es sich zwar nicht um die in § 4 ZPO aufgeführten Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten. Neben ihrer Funktion als Druckmittel, den Beitragsschuldner zur rechtzeitigen Zahlung der Beiträge anzuhalten, haben sie aber auch den Zweck, die durch den Zahlungsverzug entstehenden Nachteile (Zinsverlust, Verwaltungsaufwand) auszugleichen (vgl. Krauskopf/Baier, Soziale Krankenversicherung, § 24 SGB IV Randnr. 3 f.). Der letztgenannte Zweck rechtfertigt es, § 4 ZPO entsprechend auf Säumniszuschläge anzurechnen. Säumniszuschläge bewirken ebenso wie Zinsen eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung. Für die analoge Anwendung spricht auch der Zweck des § 4 ZPO, die Wertberechnung zu vereinfachen (ebenso zu § 22 Abs. 1 Gerichtskostengesetz ( GKG ) in der bis zum 30.06.2004 geltenden Fassung, FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.02.2000 - 9 K 47/98; zu § 43 Abs. 1 GKG LSG NRW, Beschluss vom 19.09.2006 - L 5 B 1/06 R ER). Soweit das LSG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 02.12.2005 - L 2 B 129/05 R) Säumnisz...