Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Mitarbeiter eines Unternehmens
Orientierungssatz
1. Nach § 28p Abs. 1 SGB 4 prüft der Rentenversicherungsträger bei dem Arbeitgeber, ob dieser seine Meldepflichten und sonstigen Pflichten nach dem SGB 4 ordnungsgemäß erfüllt. Dabei prüft er insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung.
2. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
3. Ist ein Mitarbeiter gegenüber dessen Auftraggeber weisungsgebunden, in dessen Betriebsorganisation eingegliedert und gegen ein fest vereinbartes Entgelt tätig, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
4. Dem widerspricht nicht, wenn er für mehrere Auftraggeber tätig sein darf. Auch nicht, wenn die bei den anderen Auftraggebern erzielten Einkünfte diejenigen der zu beurteilenden Tätigkeit übersteigen. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber ist keine Voraussetzung für das Vorliegen einer Beschäftigung (BSG Urteil vom 7. 6. 2019, B 12 R 6/18 R).
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 09.01.2020 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.986,04 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Aachen vom 9.1.2020 ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage (anhängig beim SG Aachen unter dem Aktenzeichen S 8 BA 49/19) gegen den Bescheid vom 8.7.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2019 zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen bzw. gemäß § 86b Abs. 1 S. 2 SGG eine schon vorgenommene Vollziehung aufheben. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die - wie hier erfolgte - Entscheidung über Versicherungs- und Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen haben gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung.
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits (st. Rspr des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 3). Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).
1. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 4 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung derzeit nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der von der Antragsgegnerin nach § 28p Abs. 1 S. 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erlassene Prüfbescheid vom 8.7.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2019, mit dem sie von der Antragstellerin Beiträge für den Prüfzeitraum vom 1.1.2013 bis 31.12.2016 in Höhe von 51.944,17 Euro nachfordert, im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.
Rechtsgrundlage des aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheides vom 8.7.2019 und der darin festgesetzten Beitragsnachforderung ist § 28p Abs. 1 S. 1 und S. 5 SGB IV. Danach prü...