Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbstständige Tätigkeit. weisungsgebunden. Hausmeister. abhängige Beschäftigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist ein Hausmeister an die Weisungen seines Auftraggebers gebunden, in dessen betriebliche Organisation eingegliedert, trägt er kein unternehmerisches Risiko und erfolgt die Vergütung nach einem vereinbarten Stundenlohn, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
2. Eine fehlende Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaub begründet kein unternehmerisches Risiko. Ebenso begründet die Gewerbeanmeldung eines Hausmeisters, der Umstand, dass dieser für weitere Auftraggeber tätig ist und ein höheres Honorar im Vergleich zu den sonstigen Mitarbeitern, keine selbstständige Tätigkeit.
Normenkette
SGB IV § 7
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 16.2.2022 geändert.
Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der beim SG Münster unter dem Aktenzeichen S 24 BA 66/21 anhängigen Klage gegen den Bescheid vom 14.6.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2021 anzuordnen, wird abgelehnt.
Der Antragssteller trägt die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.799,34 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Münster vom 16.2.2022 ist begründet. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner unter dem Aktenzeichen S 24 BA 66/21 anhängigen Klage gegen den Bescheid vom 14.6.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2021 abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen bzw. gemäß § 86b Abs. 1 S. 2 SGG eine schon vorgenommene Vollziehung aufheben. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine - wie hier erfolgte - Entscheidung über Versicherungs- und Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen haben gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ergibt sich eine aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Beitragsbescheide nach §28p Abs. 1 S. 5 SGB IV auch nicht in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 7a Abs. 7 S. 1 SGB Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der bis zum 31.3.2022 geltenden Fassung (vgl. Senatsbeschl. v. 11.5.2015 - L 8 R 106/15 B ER - juris Rn. 77 m.w.N.; ausführlich Senatsbeschl. v. 20.12.2012- L 8 R 565/12 B ER - juris Rn. 10 ff.).
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 3). Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).
1. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 4; Beschl. v. 12.2.2020 - L 8 BA 157/19 B ER - juris Rn. 5 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht wahrscheinlich ist. Es spricht nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung derzeit nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der von der Antragsgegnerin erlassene Bescheid vom 14.6.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2021, mit dem sie vom Antragsteller Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie Umlagen in Höhe von insgesamt 35.197,34 Euro für die Tätigkeit des Herrn S (im Folgenden: S) in der Zeit vom 1.1.2017 bis 31.12.2020 nachfordert, im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.
Rechtsgrundlage des au...