Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung von Prozesskostenhilfe bei bindender Vorgreiflichkeit eines Parallelverfahrens
Orientierungssatz
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit eines Prozesskostenhilfegesuchs ist dessen Bewilligungsreife. Diese tritt frühestens dann ein, wenn der Antragsteller die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Gewährung von PKH vorlegt.
2. Die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts richtet sich nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie nach den Fähigkeiten der Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken, vgl. BVerfG, Beschluss vom 02. September 2010, 1 BvR 1974/08.
3. Ist eine in einem vom Antragsteller geführten Parallelverfahren zu treffende Entscheidung bindend für dasjenige Verfahren, für welches der Antragsteller PKH beantragt, so ist die Bewilligung von PKH zu versagen, weil die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich ist. Ein kostenbewusster Bemittelter würde in der gleichen Situation einen Rechtsanwalt nicht beauftragen, vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. November 2009, 1 BvR 2455/08.
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten für das gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 01.03.2013 gerichtete Berufungsverfahren ist abzulehnen, weil die sich aus § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ergebenden Voraussetzungen hierfür in dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorliegen.
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit eines Prozesskostenhilfegesuchs ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Senats bzw., wenn das Prozesskostenhilfegesuch bereits früher bewilligungsreif war, der Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs (vgl. hierzu statt vieler LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 22.03.2012 - L 19 AS 2033/11 B -, juris Rn. 16 m.w.N.; siehe insoweit auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10 -, juris Rn. 14 m.w.N.). Die Bewilligungsreife tritt nach ständiger Rechtsprechung des Senats und auch der übrigen Senate des LSG Nordrhein-Westfalen frühestens ein, wenn der Kläger die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne des 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO i.V.m. der Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe (Prozesskostenhilfevordruckverordnung - PKHVV) vom 17.10.1994 (BGBl. I S. 3001) in der Fassung des Art. 36 des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) vorlegt (vgl. statt vieler LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.03.2010 - L 6 B 158/09 AS -, juris Rn. 8 f.; Beschl. v. 22.03.2012 - L 19 AS 2033/11 B -, juris Rn. 16; Beschl. v. 08.10.2012 - L 12 AS 1762/12 B -, juris Rn. 8 f.). Nach diesen Grundsätzen ist das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers erst am 11.09.2013 bewilligungsreif geworden, da erst an diesem Tag eine ordnungsgemäß ausgefüllte Erklärung unter Verwendung des entsprechenden Vordrucks beim Landessozialgericht eingegangen ist.
2. Am 11.09.2013 lagen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht (mehr) vor.
a) Es kann dahinstehen, ob es im Hinblick auf die im Parallelverfahren L 6 AS 208/12 durch Beschluss vom 24.05.2013 erfolgte Beiladung der Beklagten bereits an hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung im Sinne von § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO fehlt, weil die vorliegende, später anhängig gemachte Klage infolge der Beiladung im Parallelverfahren gegen das Jobcenter wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig geworden ist (vgl. insoweit BSG. Urt. v. 29.03.2001 - B 7 AL 14/00 R -, juris Rn. 14; LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 30.09.2011 - L 1 AL 70/11 B -, juris Rn. 6), oder ob einer solchen Betrachtungsweise die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach eine Verurteilung des Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 SGG ausscheidet, wenn entsprechende Ablehnungsbescheide des Beigeladenen bestandskräftig geworden sind (vgl. BSG, Urt. v. 19.05.1982 - 11 RA 37/81 -, juris Rn. 38), entgegensteht. Ebenso wenig braucht entschieden zu werden, ob die Rechtsverfolgung im Sinne von § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO mutwillig ist, weil der Kläger bislang seine Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens abgelehnt hat und das Verfahren fortführt, obwohl aufgrund der im Parallelverfahren L 6 AS 208/12 erfolgten Beiladung der Beklagten sämtliche Sach- und Rechtsfragen, die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlich sind, dort zu klären sind (vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18.11.2009 - 1 BvR 2455/08 -, juris Rn. 5, 10).
b) In jedem Fall...